Während der Weihnachtsferien kommt es naturaliter zu weniger Tests, außerdem sind die Meldeketten für Corona-Fälle verzögert. Nun stellt sich die Frage: wissen wir eigentlich überhaupt, wie gesund wir sind?
Frank Ulrich Montgomery, ein kleines Ärztlein, welches nebenbei auch Vorstandsvoristzender des Weltärztebundes ist und von Jura wenig Ahnung hat ist der Meinung, dass wir „über die Weihnachtsfeiertage keine vernünftigen Zahlen“ haben. Das findet er „mehr als peinlich“. Dass er die Richter des OVG Lüneburg als kleine Richterlein bezeichnet hatte, findet nun wieder die FAZ peinlich – und ich auch.
Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister, spricht von einer „unklaren Datenlage„.
Ebenfalls Karl Lauterbach wagt aufgrund dieser unklaren Datenlage dennoch die mathematische Berechnung einer zwei- bis dreimal so hohen Inzidenz. Wofür so ne Dunkelziffer alles gut sein kann.
Wie ist das jetzt: werden wir erst nach den Weihnachtsferien merken, ob wir alle „geimpft, genesen oder gestorben“ sind, wie es Jens Spahn, Vorgänger von Karl L. prophezeit hatte? Oder werden Tote in den Weihnachtsferien auch nicht gemeldet? Holt man die einfach erst am 10.01.2021 ab? Wird aber etwas muffig riechen in Deutschland, wenn die erst dann abgeholt werden. Weil so richtig kalt ist es im Moment nicht wirklich und so ne Leiche verbreitet nicht gerade den feinsten Odeur.
Will sagen: was ist denn wichtig bei der Erhebung der Zahlen? Wer wie oft gehustet hat oder wie viele Menschen gestorben sind? In Frankreich wurden heute 174 296 Neuinfektionen gezählt. Gestorben sind aber nur 281 (WHO). Und bevor jetzt jemand in Montgomerys und Lauterbachs Horn stößt von wegen unvalide Daten: vor Weihnachten, am 20.12.2021 waren die Zahlen sogar noch niedriger, aber absolut valide: 48 473 Neuinfektionen, 75 Tote, 7-Tages-Wert: 157 (WHO). Das macht mir nicht gerade Angst vor Omikron. Die wichtige Zahl ist längst nicht mehr die der Neuinfektionen. Es ist die Frage nach der Mortalität.
Jetzt breche ich mal ne Lanze (hört, hört!) für Christian Drosten, in der breiten Impf-Klientel der wohl angesehendste Medizinier in Deutschland. Dieser scheint einen langsam spürbaren Wandel hingelegt zu haben. Erst gab er Streeck in manchen Punkten öffentlich recht, dann nahm er Abstand von dem hetzerischen Begriff einer Pandemie der Ungeimpften. Und nun spricht er bei Omikron von einer abgeschwächten Variante, wobei er sich auf eine aktuelle Studie der Vorweihnachtszeit beruft. Für die Validität dieser Aussage reichen auch die Daten aus, die bis zu Drostens Kommentar am 22.12.2021 vorlagen. Es geht also auch anders.
Wir können am Beispiel Omikron täglich beobachten, wie sich manche Medien und viele Politiker rege an der Panikmache der Pharmaindustrie und deren Lobby in der Politik beteiligen. Auf heute.de gibt es gleich mehrere Beiträge zur neuen Corona-Variante:
Und natürlich die Schlagzeile des heutigen Tages:
Aber der Reihe nach. Heute morgen gab es folgende Dinge aus der Welt zu berichten:
die Außenministerin (das Gesicht Deutschlands im Ausland und nebenbei Vizekanzlerin) hält es für nötig, als eine der ersten Amtshandlungen erstmal die Wirtschaftsmacht China zu brüskieren.
der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine kommt nicht zur Ruhe. Die USA und Russland treffen sich zu Gesprächen über Krieg und Frieden und die EU hebt den Zeigefinger und piepst: „hey, wir sind auch noch da!“.
in Brasilien sind 31500 Menschen durch ein Hochwasser obdachlos geworden, bisher 20 Menschen gestorben.
Aber die heute-Redaktion hält das Stirnrunzeln des Gesundheitsministers für die wichtigste Meldung des Tages. Natürlich, es geht ja schließlich um die gar schröckliche Omikron-Variante. Wie schrecklich ist sie denn? Offensichtlich noch weniger schlimm als jene Delta-Variante, die seit Monaten eh schon deutlich weniger Tote fordert als alle Varianten zuvor.
Aber offensichtlich ist es möglich, die Angst alleine schon durch die Benennung einer neuen Variante zu triggern. Ursprünglich mal hatten wir (berechtigte) Angst vor Corona, denn die Todesrate war enorm hoch. Wer kann sie vergessen, die Meldungen aus Italien von Lastwägen voller Särge seinerzeit? Mit der Zeit aber hat sich eine ganze Gesellschaft, wein gesamtes Gesundheitssystem auf dieses Virus eingestellt. Es gab Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, AHA-Regeln, ein völlig anderes Verhalten in bezug auf Hygiene (Stichwort Desinfektion) und nicht zu vergessen irgendwann auch die Impfung, deren bedingte Wirkung niemand abstreiten will. Das schlägt sich in den Todeszahlen nieder. Also sollten wir entsprechend weniger Angst vor neuen Varianten haben. Wir sind darauf eingestellt und, ich kann es gar nicht oft genug wiederholen, Omikron ist ersten Untersuchungen zufolge per se weniger gefährlich als Delta, auch für Ungeimpfte.
Das scheint aber nicht mehr wichtig zu sein. „Die Weltgesundheitsorganisation hält das Risiko, das von der Omikron-Variante des Coronavirus ausgeht, weiter für sehr hoch. Die WHO warnt vor allem Ungeimpfte.„. So ist es nachzulesen in diesem Artikel auf heute.de. Damit ist aber nicht mehr eine tödliche Gefahr gemeint, sondern alleine schon die Tatsache der Ansteckung. Obwohl diese weniger zu Erkrankungen, Komplikationen oder gar zum Tod führt als Delta: „Die WHO sieht zwar ebenfalls Hinweise darauf, dass eine Infektion mit der Omikron-Variante seltener zu Krankenhausaufenthalten führt – solche Auswertungen müssten aber „mit Vorsicht“ betrachtet werden, betonte Smallwood.“. Mit Vorsicht beobachten heisst ganz sicher, dass man keine Total-Entwarnung gibt, mag sein. Vorsicht heisst aber auch, dass man nicht ins andere Extrem abdriftet, d.h. hier von einem „Risiko“ und nicht von einem „Ansteckungsrisiko“ ausgeht. Denn dass ist bei einfachen Erkrankungen der Atemwege ja auch gegeben und da spricht keiner von einem allgemeinen Risiko.
Und auf dieser Grundlage gewinnt dann die Besorgnis des inoffiziellen Vizekanzlers Lauterbach auch endlich an dem Gewicht, das ihr eigentlich fehlt. Schlimm genug, dass sich ein Teil der Gesellschaft nicht mehr um die Mortalitätsrate schert. Dass aber ein so großes öffentlich-rechtliches Medium ebenfalls nicht mehr nach dieser wichtigsten Zahl fragt, ist eine Schande. Denn gefährlich ist eine Krankheit in allererster Linie und vor allem aufgrund der Frage, ob man daran sterben kann oder nicht.
Erst das Ansehen eines Menschen beschädigen und im Nachhinein dann die Spuren verwischen – das ZDF hat den Beitrag geändert und Vermutungen als solche gekennzeichnet (Original: „…und die aus der Querdenken-Bewegung stammt…“) sowie die verleumderische und hetzerische Überschrift im Absatz (Original: „Kleinkind von Querdenkerin verletzt“) geändert:
[Update Ende]
Ursprünglicher Beitrag:
heute.de titelt im Artikel um 13:06 Uhr „Prozesse wegen Demo-Gewalt bereits heute“. Gemeint sind damit „beschleunigte Verfahren“ gegenüber 4 Teilnehmern einer Anti-Corona-Demo in Schweinfurt gestern. Dort waren – wie in etlichen anderen Städten Deutschlands – Tausende zu einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen und den vielfach diskutierten Impfzwang auf die Straße gegangen. Demonstrationen sind aufgrund des Infektionsschutzgesetzes inzwischen aber verboten. Und die Notlösung „Spaziergänge“ wird entweder durch polizeiliche Schikanen gestört oder ebenfalls verboten (vgl. Abbildung am Ende des Beitrages).
Aufsehen hatte ein Zwischenfall auf der Demo in Schweinfurt gestern erregt, bei dem die Polizei Pfefferspray so eingesetzt hatte, dass ein 4-jähriges Kind dies abbekommen hat und medizinisch versorgt werden musste. heute.de schreibt im o.g. Artikel dazu:
Ich übernehme jetzt mal die „Was wir wissen… und was nicht“-Form, mit der sich heute.de immer als besonders sachlich Berichterstattung brüstet – vermutlich um sich von der BILD-Zeitung abzuheben. Gelingt das? Schauen wir selbst:
Was wir wissen:
ein vierjähriges Kind und seine Mutter werden von der Polizei mit Pfefferspray attackiert.
das Kind muss medizinisch versorgt werden
Was wir nicht wissen:
ob es eine Demo war
ob die Frau eine bewusste Teilnehmerin des Spaziergangs war
ob sie die Darstellung der Polizei, sie habe eine Absperrung überwinden wollen, bestätigt
ob diese Frau eine Querdenkerin ist
Was heute.de stattdessen schreibt:
es sei eine Demo gewesen
die Frau sei bewusste Teilnehmerin dieser Demo gewesen
sie verschweigt, ob die Frau die Sicht der Polizei bestätigt hat oder nicht
die Frau sei eine Querdenkerin
heute.de setzt hier also irgendwelche unbestätigten Gerüchte in die Welt. Schlimm genug. Was dem Faß aber den Boden ausschlägt, ist die Formulierung im Titel: das Kleinkind sei von einer Querdenkerin verletzt worden. Damit ist also die Mutter gemeint. Die unterstellen dieser Frau nicht nur Fahrlässigkeit, sondern Vorsatz und noch dazu verdrehen sie die Tatsachen völlig. Das Pfefferspray ist von der Polizei eingesetzt worden und dieser öffentlich-rechtliche Sender verdreht die Fakten so, dass man denken muss, die Mutter hätte das Pfefferspray eingesetzt. Das ist unterstes BILD-Zeitungsniveau und verletzt jeglichen Anstand und die Menschenwürde der Mutter.
Der Shitstorm im Netz ist groß: vielfach ist zu lesen, wie widerwärtig es doch sei, dass die Demonstranten Kinder als Schutzschilde missbrauchten. Seitens der Polizei ist zu lesen:
Diese Aussage stammt von Oliver Malchow, Chef der Gewerkschaft der Polizei, aber die Aussagen anderer Polizeivertreter im Netz sind hier deckungsgleich. Abgesehen davon, dass hier eine Hexenjagd inszeniert wird und Persönlichkeitsrechte verletzt (wie bei der BILD-Zeitung eben auch), werde ich stutzig: was heisst das, man nehme in Kauf, in eine gewalttätige Auseinandersetzung zu geraten? In einem Rechtsstaat sollte man als friedlicher Demonstrant doch keine Angst davor haben, von der Polizei angegriffen zu werden, oder? Ich verstehe das jetzt mal als eine kaum noch unterschwellige Drohung: „wagt es nicht, gegen die Maßnahmen zu demonstrieren, sonst gibt es gewalttätige Auseinandersetzungen“.
Im Übrigen möchte ich noch daran erinnern, dass gerade Identitäts-Linke sich schwer zurückhalten müssten mit dem Unterstützen dieses Spieß-Umdrehens. Damals, beim Schwarzen Donnerstag im Rahmen der Proteste gegen S21, hatten wir exakt dieselbe Situation. Menschen aller Coleur und jeden Alters gingen damals gegen den bevorstehenden Kahlschlag im Schloßpark demonstrieren, auch Kinder. Der Aufschrei war groß, als beim völlig unverhältnismäßigen Einsatz der Polizei hunderte Verletzte zu beklagen waren, auch Kinder. Die konservative bis rechte Seite der Gesellschaft benutzte damals genau denselben Jargon als Vorwurf an die Protestler: wie könne man seine Kinder nur auf eine Demo mitnehmen, wo doch klar sei, dass es zu Gewalt kommen würde?
Und nun haben Pseudo-Linke auch diesen Schritt zur Systemtreue vollzogen: sie stimmen ein in den einst rechten Tenor, die Frau sei selber schuld gewesen bzw. sei eine Rabenmutter usw. Dabei haben ebendiese Linken genau dasselbe Verhalten vor nunmehr 11 Jahren als Erziehung zu gelebter Demokratie verteidigt. Dieses Messen mit zweierlei Maß sagt mir: das sind keine Linken und sie waren es noch nie. Sie wollten einfach nur im Recht sein und Gewalt und Macht ausüben. Da sie das bei Corona nicht können, assimilieren sie sich eben an das System. Zur Erinnerung hier noch ein Foto, das damals durch die Medien gegangen ist:
Nur eines hat sich nicht geändert: der Totalausfall der Medien. Die haben die S21-Protestbewegung damals auch kleingeredet, Teilnehmerzahlen bei Demos großzügig gekürzt und den Fokus der Berichterstattung auf gewaltbereite Ausnahmefälle gelegt. Sie sind allem nachgekommen, nur einem nicht: ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag. Und somit sind sie auf eine perverse Art sogar noch zuverlässig.