Ratespiel Folge 1: FC Bayern gewinnt Geisterspiel in Moskau

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Kaum zu unterscheiden. Versucht es trotzdem, denn NUR EINES davon ist das Original!

Offene Welten – everything counts in large amounts

Das erste Mal, dass ich mich in einem Spiel verlaufen hatte, war 1988. Faery Tale Adventure war 17 000 Bildschirme groß und selbst auf dem Rücken des Phönix flog man minutenlang von einem Ende zum anderen. Man konnte sich frei bewegen – FTA war (auch dank der riesigen Welt) ein sehr früher Open-World-Titel.

 

FaeryTaleAmigaScreenshot Fairy Tale Adventure (1987): 17.000 Bildschirme groß und ziemlich eintönig.

Und doch: ich habe es nie durchgespielt. Nach dem ersten Dutzend Fehlversuchen besorgte ich mir einen Cheat, stieg auf den herbeigepfiffenen Vogel und flog herum. Einfach nur, um mal zu sehen, wie groß das Spiel ist. Selbst dieses anspruchslose „Überfliegen“ der Welt habe ich nicht durchgezogen. Weder im Flugmodus noch im „richtigen“ Spiel bot mir diese riesige Welt ausreichend Anreize. Man lief (flog…) etliche der genannten Bildschirme wie an einer Art Tapete entlang, ab und zu unterbrochen von immer gleich ablaufenden Kämpfen.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die Eintönigkeit auch etwas mit dem Gigantismus dieser Welt zu tun hatte. Jahrelang kamen uns Computerspiele zu klein, zu kurz vor. Und nun, wo die Hardware es ermöglichte, große Landschaften darzustellen, stellten wir fest, dass der Spielspass mit der Größe nicht zugenommen, sondern abgenommen hatte.

 

Meiner ist größer

Irgendwann also begannen Computer-Spielszenarien dank immer besserer Hardware auch immer größer zu werden. Auf dieser Seite findet sich eine aufsteigende Zusammenstellung großer Spielewelten. Dabei sind Spiele inzwischen so „groß“, dass deren Größe längst nicht mehr in „Bildern“, sondern in Quadratkilometern bemessen wird. The Elder Scrolls 2: Daggerfall hält dann wohl den Rekord mit einer 480.000 km² großen frei begehbaren Spielfläche. Fragt sich nur, wie lange noch.

2015 soll nun No Man´s Sky veröffentlicht werden. Sean Murray, einer der Designer, verrät dazu:

„Wenn du jede Sekunde einen virtuellen Planeten besuchen würdest, dann wäre unsere eigene Sonne schon gestorben bevor du alle gesehen hättest. Wir versuchen Dinge zu machen, die noch nie zuvor gemacht wurden.“

Selbstredend werden diese Planeten nicht „von Menschenhand“ programmiert, sondern generiert (vgl. Elite ganz unten). Das heisst zunächst einmal, dass No Man´s Sky mitnichten etwas völlig Neues tut. Es ist also keine wirkliche Meisterleistung, eine riesige Spielwelt von einem Programm generieren zu lassen. Dazu möchte ich den Kommentar eines Users unter obigem Artikel zitieren:

„Die Frage ist ja nicht, wie viele Planeten es gibt, sondern wie abwechslungsreich diese sind … wen ich am ende 1000 Planeten habe, wo der einzigste unterschied die Farbe der Tiere ist, ist das trotzdem schnell uninteressant…“

Dieser eigenwillig charmante Kommentar bringt es auf den Punkt: Überdimensionierung alleine erzeugt noch keinen Spielspaß. Aber sie sorgt für enormes Aufsehen. Eine virtuelle Welt, die so groß ist, dass man sie nie bereisen, geschweige denn erforschen kann… die selbst so groß ist, dass man vermutlich niemals einen anderen Spieler auf einem dieser Planeten treffen wird… wow! Nur warum ist dieses Spiel dann ein Online-Spiel? Waren diese nicht einst erfunden worden, um mit anderen Spielern zu interagieren?

bg2Alleine die Hauptstadt Athkatla in Baldurs Gate 2 war in 8 Gebiete aufgeteilt. Wichtiger noch: in diesen waren sinnvolle Quests, die Spaß machten.

Baldurs Gate 2, um mal ein positives Beispiel zu nennen, bot angeblich 200 Stunden Spielzeit. Ganz abgesehen von der Herkunft solcher Zahlenspielereien stellt sich die Frage, wofür sie stehen. Bei Baldurs Gate 2 stand diese Zahl für Spielspaß. Bei F2P-Katastrophen wie „Die Stämme“ oder „Anno Online“ ist das dann wieder völlig anders. Dort wird die Zeit künstlich verlängert, um das Spiel langweiliger zu machen: die Wartezeit soll dort wehtun, damit man gezwungen ist, sich diese per Einsatz von echtem Geld zu verkürzen. 200 Stunden „Spielzeit“ bei „Die Stämme“ sind ohne Einsatz von Geld also mindestens 180 Stunden öde Warterei. F2P ist die Perversion, die Umkehrung des Urwunsches der Spielerschaft nach mehr Spielzeit.

 

staemmeDie alte Formel „spielst du lange, ist es ein gutes Spiel“ ist durch F2P endgültig widerlegt: entweder man zahlt Geld an InnoGames, oder man wartet für den Ausbau des Walls 4:45 Stunden.

Zurück zum Faktor „Größe der Spielwelt“.

Die Welt bei Skyrim ist riesig, doch ich war nach einer kurzen Spielzeit enttäuscht. Unendlich war nichts daran, aber meine Langeweile wuchs mit jedem Ladebildschirm, mit jeder Schmiedesequenz, mit jedem Räubernest, das wie ein Ei dem anderen glich. Und doch war Skyrim ein Hit, verkaufte sich wie warme Semmeln. Für so manchen mag dies an den spielerischen Qualitäten Skyrims gelegen haben, ich hingegen halte es für den gelungesten Hype der letzten Jahre. Er scheint zu funktionieren, dieser Hype mit der Unendlichkeit, in der man sich frei bewegen und verlieren kann, doch ganz ähnlich wie bei F2P glaube ich, dass die Spielzeit neben unbestrittenen Höhepunkten auch geprägt ist von Tätigkeiten, die man eigentlich schon im echten Leben hasst – warten zum Beispiel: darauf, dass sich irgendwelche Hitpoint- oder Manabalken aufladen. Oder das Leveln zum geschickten Schmied – es ist die pure Wiederholung immer gleicher Vorgänge. Dies ist also die sog. „Freiheit“, alles tun und lassen zu können, was man möchte. Da wünsche ich mir manchmal die Zeiten linearen Gameplays zurück.

schmiedImmer dasselbe beim Skill „Schmiedekunst“ in Skyrim (2011): Skillpunkte verdienen, investieren, Skill freischalten. Bis man Drachenrüstungen schmieden kann, vergeht eine halbe Ewigkeit ohne Abwechslung.

Angesichts der 37 km² Einöde in Skyrim mache mich auf die Suche nach jenem Schein von Unendlichkeit / Freiheit, den uns findige Programmierer vermittelt haben, als Speicherplatz noch begrenzt war. Aufgrund dessen kam für Programmierer in den 80ern die Verlockung, Immersion durch schier endlose Landschaften (womöglich in in HD-Optik) zu erreichen, gar nicht erst auf. Also musste das Spiel mit anderen Mitteln „größer“ gemacht werden und dabei hatten die Programmierer manch genialen, manch frechen Einfall. Ich glaube, dass gewisse Regeln der Kreativität zeitlos sind und dass sich die Branche einiges von der Pfiffigkeit vergangener (meist 8-Bit)-Zeiten abschauen könnte. Deshalb wage ich hier einen (einigermaßen) chronologischen Rückblick auf die kleinen Finten der Spielebranche in den 80ern, die beweisen, dass man Spielspass auch ohne Zillionen begehbarer Quadratkilometer Landschaft schaffen kann.

 

Wiederholen.

Pac Man hatte exakt 1 „Bild“, wie man damals die Spielewelt nannte. Hatte man dieses geschafft, ging das Spiel einfach von vorne los. Lediglich die Bonus-Frucht wechselte. Mit diesem einen Bild haben wir etliche Nachmittage verbracht, bis es selbst uns gelangweilt hat. Eine auserlesene (bedauernswerte?) kleine Schar von Pac-Maniacs jedoch spielte ohne Ende und das hieß: bis „Level“ 255, denn dann stürzte Pac Man ab. Als sie dies geschafft hatten, machten sie es sich zum Ziel, Level 255 zu erreichen, ohne auch nur ein einziges Leben zu verlieren. Dieses Verhaltensmuster, optimiert im „perfect game“ (kein einziges Mal gestorben, alle Früchte aufgesammelt, alle Geister gekillt usw.) sollte später noch dankbar von der Industrie aufgegriffen werden.

pac-man-arcade-screen-822x1024Pac Man (1980) hat etwas von Familie: beengter Wohnraum, Unordnung und Futterneid.

 

Das Ur-Donkey Kong hatte für damalige Verhältnisse gigantische 4 Bilder. Um dies noch etwas zu strecken, wurden sie aber nicht nacheinander durchgespielt, sondern pro Durchgang kam eines dazu. Um Donkey Kong „durchzuspielen“, musste man also 4 Levels meistern, die durch geschickte Wiederholung auf 20 aufgebauscht worden sind.

 

DKDonkey Kong bot 1981 sagenhafte 4 „Bilder“ und führte Mario ein.

Durchgang Stufenabfolge (amerikanische Fassung) Stufenabfolge (japanische Fassung)
1 25 m, 100 m 25 m, 50 m, 75 m, 100 m
2 25 m, 75 m, 100 m
3 25 m, 50 m, 75 m, 100 m
4 25 m, 50 m, 25 m, 75 m, 100 m
5–21 25 m, 50 m, 25 m, 75 m, 25 m, 100 m

4 Levels to da max: die Abfolge der Levels bei Donkey Kong (1981, Quelle: wikipedia)

Doch auch das war irgendwann zu schaffen und so wuchs der Wunsch des Spielers nach mehr Levels. Das ging aber zunächst einmal aufgrund der Hardware nicht. So begannen findige Programmierer , diese Begrenzung mit Tricks und Know-How zu durchbrechen, bis wir bei Impossible Mission 1984 schon 32 Räume zu durchforsten hatten, in denen der Schurke Elvin Atombender geheime Codes versteckt hatte. Diese Räume waren durch ein Tunnelsystem erkundbar und so im Prinzip völlig nach Gusto durchspielbar. Diese Non-Linearität dämmte den Frust ein: war man in einem allzu schweren Raum überfordert, verliess man diesen und versuchte sein Glück einfach im nächsten. Weiter gab es keine feste Anzahl von Leben, sondern 6 Stunden Zeit, den Code zu knacken. Jeder Bildschirmtod kostete einen 10 Minuten dieser Zeit – ein gelungenes Beispiel dafür, wie man versuchte, von Alteinhergebrachtem wegzukommen.

Impossible_Mission32 Räume, (fast) non-linear begehbar: Impossible Mission (1984) war verdammt gut ausbalanciert.

Dazu kamen ein paar Sprachsamples (ja, das war damals ungeheuer innovativ) und sehr schöne Animationen des Agenten sowie der Roboter. Impossible Mission hatte an jeder Ecke etwas Neues zu bieten und ist deshalb zu Recht eines der beliebtesten Spiele bei Retro-Fans.

 

Erweitern.

Bei Flip & Flop (1983) begann man immer im gleichen Level, nur dass er jedes Mal ein wenig größer war. Das störte aber niemanden, denn das Spiel machte schlichtweg Spaß. In späteren Levels musste man die Felder zweifach berühren, um sie einzufärben. Auch das haben wir akzeptiert.

flip flopImmer dasselbe und noch ein wenig mehr: in Flip & Flop (1984) begann man immer wieder im selben Level, der dabei stetig anwuchs.

 

Achievements.

Die Idee, erneutes Spielen desselben Levels durch besondere Herausforderungen schmackhaft zu machen, hat sich durchgesetzt: sei es auf recht plumpe Art und Weise durch die Steigerung des Schwierigkeitsgrades (oft einfach nur durch lapidare Anhebung der Spielgeschwindigkeit), sei es durch das Verstecken von roten und besonders großen Münzen an entlegenen Teilen der Levels bei Super Mario World (und Nachfolgern) – „spiels nochmal, Sam“ heisst vor allem: „spiel länger, Sam“.

MarioCoinJumpOnShellLevel geschafft – aber auch mit allen 5 Yoshi-Münzen? In Super Mario World (1990) gibt es gute Gründe, denselben Level nochmal zu spielen.

Heute kommt kaum ein Spiel ohne Achievements aus. Manche stellen tatsächlich eine Herausforderung dar, manche sind allzu offensichtlich dazu da, das Spiel in die Länge zu ziehen. In Achievement Unlocked wird dies persifliert: so ziemlich alles, was man dort tut, gilt als Achievement – sogar Dinge, die man nicht tut: steht man einfach nur von Beginn an 15 Sekunden lang rum und tut nichts, bekommt man gleich 3 Achievements: man spielt immerhin seit 15 Sekunden, hat keinen Muskel bewegt und hat die Sponsorenseite gefunden…

 

achievementunlockedAchievement Unlocked (2008) ist purer Sarkasmus: es vergeht kaum eine Sekunde, in der man keine Ehrung nachgeschmissen bekommt.

 

Programmiertricks.

Elite ging einen anderen Weg: im selben Jahr wie Impossible Mission erschienen, hatte es 2000 Sternensysteme und das alles in ursprünglich 32 KB auf dem BBC Micro. Das Bild, das der Spieler sah, wurde in Echtzeit berechnet und verbrauchte so nur wenig Speicherplatz (dafür aber Rechenzeit). Zusätzlich wandte Programmierer David Braben einige Tricks an, wie man in der RETRO GAMER 3/2014 nachlesen kann. Ein Sternensystem sah aus wie das andere, aber das Spielprinzip bestand aus einer gelungenen Mischung von Navigation, Handel, Rohstoffabbau und Kampf. Zudem haben 3D-Spiele gegenüber ihren 2d-Vettern nicht den Nachteil der statischen Darstellung – je nach Position sieht alles immer etwas anders aus. Wieso hat dann nicht jeder einfach 3D-Vektorspiele geschrieben? Ganz einfach: die damalige Hardware war zu langsam und das Programmieren von flüssig laufenden 3D-Spielen eine echte Herausforderung.

Somit stellt Elite eine der wenigen Ausnahmen dar, in denen eine solide Grundidee durch Gigantismus durchaus breitgetreten werden konnte, ohne den Spieler je zu langweilen – das technische Know-How des Programmieres vorausgesetzt.

elitebbcDie Station sieht immer gleich aus, aber alles andere kann sich ändern: Elite (1984) ist der Prototyp der „offenen“ Spielewelt.

 

Höher, schneller, weiter.

Oft genug jedoch ging der Gigantismus zulasten der Motivation. Spiele begannen, zwar schier unendlich „groß“, aber auch unendlich langweilig zu werden. Mission Elevator beispielsweise hatte wohl 100 Etagen. Ich habe es aufgrund des Schwierigkeitsgrades nie weiter als bis Etage 20 geschafft, aber das war eigentlich auch ganz gut so, denn im Grunde konnte man nur Aufzug fahren, sich ducken und Agenten abknallen.

Mission_Elevator_-_1986_-_IngameMission Elevator (1986) bot 100 Etagen voller Langeweile.

 

Riesig, unlösbar schwer und gleichzeitig gut ging aber auch: Spindizzy mit seinen knapp „400 Ebenen“ hatte ein fesselndes Spielprinzip und sah aufgrund der isometrischen Ansicht wirklich schick aus. Doch trotz konsequenten Einsatzes des Trainers habe ich immer nur einen Bruchteil der Welt gesehen. Das war wirklich schade, denn alles an diesem Spiel fühlte sich an wie eine andere Welt, nur dass man als Normalsterblicher niemals die Chance hatte, dieses Spiel zu schaffen. In puncto Immersion fällt bei diesem Titel jedoch auf, wie atmosphärisch es sein kann, wenn man das für damalige Zeiten übliche Gedudel während des Spiels einfach mal weglässt: in der Welt von Spindizzy herrschte Stille, unterbrochen von einem klirrenden Sound beim Einsammeln der begehrten Diamanten oder wenn der Kreisel das Zeitliche segnete. Mag sein, dass das der begrenzten Hardware geschuldet war. Nichtsdestotrotz funktionierte es.

spindizzyPerfekt, riesig und verdammt schwer: Spindizzy (1986)

Konterrevolution

Unendliche Weiten gab es in Boulder Dash nicht. Jedes Spielfeld war etwa 6 Bildschirme groß, aber das geniale Spielprinzip konnte nahezu unendlich in neuen Levels verwertet werden. Die Aufgabe war immer gleich: finde den Ausgang. Allerdings musste man dazu eine bestimmte Anzahl von Diamanten aufsammeln, die selbstredend nicht leicht zu ergattern waren. Dabei genoss man in vielen Levels eine gewisse Freiheit, was das Timing oder sogar den Lösungsweg anging. Die Lösung war aber nicht der völligen Willkür überlassen: in jedem Raum gab es einen bestimmte Mißstand zu beheben, sei es das Hindern der Amöbe an deren Vermehrung, sei es die Beseitigung von Mauern, die den Weg zum Ausgang versperrten. Bereits das erste Boulder Dash wurde mit 16 Levels ausgeliefert. Es folgten weitere 2 Teile, bis mit dem Boulder Dash Construction Kit 1986 endlich die Möglichkeit kam, eigene Levels im Editor zu erstellen. Hunderte von Level-Packs sind im Internet zu finden (beispielsweise bei gamebase64.com) und das Spielprinzip scheint kein bisschen gealtert zu sein.

 

boulder-dash-20090621014028597-2900991Boulder Dash (1984) erzeugte Immersion durch Begrenzung, nicht durch Öffnung in alle Richtungen hin.

 

BoulderDash02_cave01_level1Alles, was ein Spiel braucht: das ist ein ganzer Level bei Boulder Dash.

 

Großmäuligkeit.

Adventures hatten es diesbezüglich leicht: mit Worten lässt sich jede noch so große Welt erschaffen, egal wie klein der Speicher der Hardware ist. Das Problem war vielmehr, einzelne Bereiche des Spiels so detailliert zu gestalten, dass sie „echt“ und somit spielenswert waren. Die Welt in „Hitchhikers Guide to the Galaxy“ ist, wie der name schon sagt, „galaktisch“ groß. Tatsächlich gab es etwa 30 „Räume“. Das ist aber egal, denn diese sind vollgepackt mit Puzzles.

In guten Adventures kam jede Situation nur einmal so und nicht anders vor. Beschreibungen und Puzzles durften sich nicht ähneln, denn sowas wäre aufgefallen. Natürlich musste man Lust auf diese Art von Immersion haben. Ich habe Adventures immer gerne gespielt, aber die wenigsten habe ich ganz geschafft. Das machte mir aber nichts aus, denn bis dahin haben sie mich immer gut unterhalten.

the-hitchhikers-guide-to-the-galaxy_2Worte übertrumpfen jede noch so große Spielewelt: „The Hitchhikers Guide to the Galaxy“ (1984)

Hier ist im Sinne meiner Argumentation „weniger ist mehr“ letztlich eine Grenze erreicht, die nicht jeder überschreiten will / wollte. Klar, Text-Adventures hatten Niveau, hatten Stil. Sie rümpften mit mehr oder minder feiner Ironie die Nase über die Gepflogenheiten der Spielkultur. In The Pawn (1986) bekam man sogar an einer Stelle die Meldung, dass nun „das südlichste Ende des Spiels“ erreicht sei – schon damals wurde die übertriebene Suche nach immer größeren Spielszenarien süffisant kommentiert.

Und doch ist etwas dran am leicht prolligen Vorwurf an Adventures: „mööp, da is ja nur Text… da is ja gar nix los…“. Computerspielen ist trotz aller Spielkultur eben doch eine im positiven Sinne hirnlose Sinneserfahrung. Das werden jetzt einige Vertreter der „Computerspiele sind Kultur“ bzw. „Computerspiele sind die neuen Romane“ usw. – Fraktion nicht gerne lesen, aber seien wir ehrlich: wo´s blinkt und piept, wird hingeschaut bzw. -gesehen. Ich kann schon verstehen, dass viele Spieler schlichtweg keinen Bock darauf hatten, sich in galaktische Szenarien einzulesen, während die Galaxis bei Uridium durch Grafik und Sound in Sekundenbruchteile erfahrbar war. Das war bei Pong schon so und ist bei Skyrim nicht anders: das Betreten der Welt von Skyrim haut einen im ersten Moment erst mal um und es ist einem zunächst einmal egal, ob das Spiel langfristig motiviert. Adventures hingegen – und das galt besonders für Textadventures – waren hinsichtlich der Motivation über Sinnesreize bereits damals eine Antithese. Nur eben eine, die funktionierte.

 

Fazit.

Spiele-Entwickler haben immer das Ziel, Menschen so lange wie möglich an den Bildschirm zu fesseln. Neben Spielidee und Erweiterung der Spielwelt durch Levels bzw. Größe der Umgebung haben mich immer jene Spiele beeindruckt, die mich durch Modifikationen wie die hier aufgezeigten eine weitere halbe Stunde an den Fernseher gefesselt haben. Das mag oft an begrenzter Hardware gelegen haben, aber letztlich ist der Grund egal: Spiele-Entwickler haben ihr Spiel gedreht, gewendet, ausprobiert, sich reingedacht und -gefuchst und es ist egal, ob sie es gezwungenermassen oder aus freien Stücken getan haben.

Ich glaube, dass bei der intensiven Beschäftigung mit einer Sache – ganz wie in der Kunst – irgendwann eine Art Mutation stattfindet. Plötzlich, wie aus dem Nichts, hat man den passenden Einfall oder das Bindeglied zwischen den Einzelteilen. Aber solch eine Vorgehensweise braucht Zeit und Auseinandersetzung. Und letztlich wendet man diese seltenen Ressourcen nur aus einem Grund auf: aus Liebe zur Sache.

Diese Liebe vermisse ich bei den großen Spiele-Blockbustern. Sie sind ein Sammelsurium bestehend aus tausenden voneinander unabhängiger Stücke Code, (lieblos) zusammengeschmissen. Ein Team aus 200 Leuten zusammenzustellen und diese ein „episches“ Rollenspiel machen zu lassen, ist eben doch kein Garant für Spielspaß, sondern lediglich für einen Chart-Hit, für ein riesiges Spiel, bei dem man vermutlich 20 Jahre lang spielen müsste, um jeden Baum zu sehen. Vielleicht, um an jeden einzelnen pinkeln zu können.

Mag sein, dass der Gigantismus in Spielewelten irgendwelche Jungs im Alter von 13 – 25 Jahren noch beeindruckt, aber ich bin da raus. Ich habe all die Milliarden Planeten von „No Man´s Sky“ zwar nicht gesehen aber ich kenne sie eben doch. Seit ich Level 3 in Pac Man erreicht habe.

Der große Bruder und der Joystick

1984, ein kurzer Rückblick:

die Eurythmics steuern den Soundtrack zur Verfilmung von George Orwells Dystopie „1984“ bei, in der „der große Bruder“ an der Spitze des totalitären Überwachungstaates „Ozeanien“ steht.

Die UdSSR findet ebenfalls einen neuen großen Bruder: nach der kurzen Amtsperiode Tschernenkos wird Andropow neuer Chef der KPdSU, und er wird noch kürzer als sein Vorgänger im Amt und am Leben bleiben. Vom Tod Andropows zum Kollaps des weltweiten Konsolenmarktes:

im Jahr zuvor ist dieser desaströs untergegangen (Ausnmahme: Japan), und die Kids wenden sich in ihrer Freizeit den 8-Bit-Heimcomputern zu. Und jetzt sind wir wieder beim „großen Bruder“, meinem großen Bruder. Der bekommt nämlich den erfolgreichsten 8-Bit-Computer aller Zeiten zu Geburtstag, Weihnachten und nochmal Geburtstag, einen Commodore 64. Aber der Reihe nach:

Im Juni 1984 komme ich heim aus Bad Wurzach, wo ich das Salvatorkolleg besuche. Ein modernes, gutes Internat, aber da will ich nicht sein. Nur jedes 2. Wochenende nach Hause und ich war bisher nie länger als einen Tag weg…

Mein zweitältester Bruder K. schwatzt meinen Eltern einen C64 ab, mit den üblichen (Schein-)Argumenten: Programmieren lernen, für die Schule nutzen… in Wirklichkeit geht es schlicht und ergreifend um Computerspiele. Darauf nimmt diese Anzeige in der Happy Computer (damals noch „Hobby Computer“, aus Angst vor einem Rechtsstreit mit einer anderen Zeitschrift dann umbenannt) bezug:

HobbyComputer831100119In den End-siebzigern / Anfang-80ern war „Atari spielen“ ein Synonym für Konsolen-/Computerspielen allgemein, da Atari mir seinem 2600-System den Markt dominierte (Quelle: HobbyComputer / Happy Computer, 11/1983)

Ich kenne in den folgenden 5 Jahren so gut wie niemanden, der mit dem C64 programmiert. Genau 2 Leute in meiner Umgebung programmieren – auf dem CPC 464 im Karstadt und wie sich Jahre später herausstellt, programmiert Micha, während Jo dessen Programme als die seinen ausgibt. Alle anderen zocken. Paradroid, Impossible Mission, Ghost ´n´ Goblins, Raid over Moscow, Bruce Lee… ich zocke 1986 / 1987 Druid wie blöde und 20 Jahre später schreibe ich den Artikel des Monats (fast des Jahres, 2. Platz) auf C64-Wiki – mein erster und letzter Artikel. Ich bin Druid-Fan, kein Wikipedianer. Die Spiele werden zu 90 % kopiert, ganz so wie Musik heute (bei mir ist es andersrum: 90 % meiner Musik ist gekauft). Anfangs hilft die enorme (illegale) Distribution der Nischen-Branche, über die professionelle Medien kaum berichten. Später, als sich Heimcomputer und Spiele etablieren und dank der Marktexpansion die Entwicklungskosten höher werden, führt die Kopiererei oft zur Pleite manch mittleren Software-Hauses.

Druid04Feinde bezwingen, Schätze horten, Magie anwenden: bei Skyrim, Diablo oder WOW gibts auch nichts wesenlich Neues, allerdings ist die 8-Bit-Grafik ungemein besser als jene der neueren Vertreter: Druid auf dem C64 (Quelle: eigene Darstellung)

Noch weiss man nicht, wer das Rennen auf dem 8-Bit-Computermarkt macht und der C64 ist zunächst nichts weiter als ein Kandidat neben Ataris 800 XL oder Schneiders CPC 464.

Mein Bruder schließt den unter Fans liebevoll „Brotkasten“ genannten C64 an den Fernseher an und ich sehe Folgendes:

C64_startup_animiert(Quelle: Wikipedia)

Ich tippe irgendwas rein, drücke „Return“ und bekomme den ersten Syntax Error? meines Lebens. Dann tippt K. inetwa folgendes BASIC-Listing rein:

10 PRINT“K. IST COOL   „;

20 GOTO 10

Anschließend läßt er das Programm mit „RUN“ laufen und der Bildschirm füllt sich damit:

listing2(Quelle: CCS64 im Halbzeilenmodus)

Der Computer versteht ihn. Ich starre begeistert auf die willig vollführte Endlosschleife, ohne zu wissen, was man damit eigentlich anfangen können soll. Von dem „Donkey Kong“-Automaten im Edeka ist das noch weit entfernt. Fürs erste aber reicht es: ich bin beeindruckt. Aber kurz darauf bezichtige ich Commodore des Betrugs, weil man, um mit dem C64 spielen zu können, Software und einen Joystick benötigt! Du zahlst für das Ding 800 DM und das reicht noch nicht zum Spielen… einen Fernseher kaufst du und kriegst das Programm (also damals die drei Sender ARD, ZDF und SWR…) kostenlos dazu.

K. zeigt mir die entsprechenden Seiten im Quelle-Katalog und ich bin völlig fertig… ein Joystick kostet damals um die 100 DM, Spiele auf Kassette 50 DM… für eine Familie mit 6 Kindern außer Reichweite. Doch kurze Zeit später ereignet sich ein Wunder:

Ein Bekannter der Familie schenkt K. 150,- DM, einfach so. Er hatte sich Jahre davor nie gemeldet und tut dies auch danach nie wieder, aber genau jetzt macht er es: es gibt einen Gott im Himmel und gnädig schickt er seinen Segen auf uns herab.

K. investiert das Geld sofort in einen Joystick und ein Spielmodul (50 oder 60 Mark): Lazarian. Wir kaufen das Spiel blind. Die Medien schweigen das Thema Computerspiele noch weitestgehend tot oder berichten halb angeekelt, halb amüsiert über die „Freaks“, die abwesend in Bildschirme starren und hin und wieder plötzliche Freude- oder Unmutsäußerungen von sich geben. Sowas wie Spiele-Zeitschriften gibt es nicht, und bis zum Internet-Boom werden noch locker 10 Jahre vergehen. Entweder kennt man also ein Spiel von Kumpels, oder man versucht sein Glück aufgrund evtl. vorhandener Screenshots auf der Verpackung. Im Falle Lazarian ist es eher ein Glücksfall. Kein Burner, aber für damalige Verhältnisse OK. Das Spiel ist also ein Modul. Moment mal, ein Modul für einen Heimcomputer?

lazarianmodulEtwa so groß wie eine Zigarettenschachtel: die Module für den C64.

Obwohl der Erfolg von Heimcomputern durch ihre Speichermedien Kassette / Diskette begründet wird, glaubt man 1982 noch, Modulschächte einbauen zu müssen. Das führt dazu, dass solche Module heutzutage bei Ebay 10 € und manchmal mehr erzielen. Immer noch.

lazarian_03Unser erstes Computerspiel: Lazarian. Ich wette: wenn ich mich heute dransetze, schaffe ich es mindestens einmal durch. Seltsam: ein Extraleben gibts bei 14000 Punkten, nicht bei 10000, 15000 oder 20000. Kein Mensch weiß, warum (Quelle: Lemon64).

Bevor wir also kassettenweise Spiele bei Kumpels kopieren, kaufen wir noch ein weiteres Modul, Radar Rat Race. Mit diesen ersten beiden Spielen verbringen wir Wochen. Dann kommt eine Datasette (irgendwas um 150 DM) ins Haus und die alten Biene-Maja-Hörspiele müssen dran glauben: auf der ersten Ladung (von „Thomas“, einem  Freund meines großen Bruders, den ich nur dem Namen nach kenne und der synonym für „Spiele-Quelle“ steht) befinden sich „Turbo Tape“ und 8 Spiele, u.a. Donkey Kong, Moon Shuttle, O´ Reillys Mine. Wichtig sind damals nicht Rankings oder Fähigkeitenbäume – wichtig ist damals der High Score und das nächste „Bild“: Moon Shuttle hat 2 Bilder, Donkey Kong hat 4 und Lazarian sogar 6! Am tollsten ist es, wenn man, wie bei Scramble oder Blue Max irgendwann zu einer Stadt kommt: viel Feind, viel Ehr´, doch eigentlich passiert in den Städten im Grunde dasselbe wie sonstwo: Feinde müssen abgeballert werden.

Anirogs „Donkey-Kong“-Clone mutet wie dessen kleiner Bruder an – wir haben es gerne gespielt (Hol dir den Hammer! Hol dir den Hammer!!!)

Bis ich die Vorzüge von Modulen wieder zu schätzen lerne, vergehen Jahre voller gerissener und verwurschtelter Kassettenbänder, Spurlagenproblemen und zerknickter, aufgrund Verschmutzung unbenutzbar gewordener und magnetisierter Disketten.  1993 kaufe ich mir ein Super Nintendo und bin glücklich. Einstecken, einschalten, spielen. Doch zurück ins Jahr 1984.

Nicht nur die Spiele, auch diverse Joysticks werden zuende gespielt. Die Dinger sind damals bereits äußerlich billig verbaut und innen siehts auch nicht besser aus: Schnappscheiben auf einer Platine werden eingedrückt und das heißt nach etlichen Stunden Spielzeit: die Dinger brechen und entweder gibt es keinen oder einen dauerhaften Kontakt. Heißt also: die Spielfigur bewegt sich entweder gar nicht oder dauernd in die Richtung des kaputten „Knackfrosches„.

quickshot1Weitverbreitet, oft geschrottet: der Quickshot I (Quelle: thosewerethedays.de)

Wir lösen das Problem dadurch, dass wir zuletzt auf der nackten Platine spielen und die Kontakte mit den Fingern bedienen – früher hat uns das kaum einer geglaubt, heute, in Zeiten der WASD-Steuerung, wissen wir: es geht. Als die Platine so kaputt ist, dass auch das nicht mehr geht, spielen wir nur noch Spiele, die sich mit der Tastatur bedienen lassen – davon gibt es nicht wirklich viele.

Und dann, eines Tages, aus dem Nichts:

meine Mutter zückt einen 50-Mark-Schein und hält ihn meinem Bruder hin. Er solle sich einen Joystick kaufen. Ich nehme an, sie hat Angst, dass uns ein Stromschlag ereilt, wenn wir auf der nackten Platine spielen. Welch Glücksfall! Meine Eltern halten nicht viel vom der Zockerei und wir können froh sein, überhaupt das Ding an den Fernseher anschliessen zu dürfen, geschweige denn Geld für einen Joystick zu bekommen. Und nun das…!

Ich male mir schon aus, welchen Joystick wir uns holen. Es ist 1985, gerade mal 1 Jahr nach der Anschaffung des C64, und Joysticks sind weitverbreitet (außer bei uns) dank der Konkurrenz auf dem Markt. Deswegen sind die Dinger auch stabiler und billiger. Mit 50 Mark kommt man da verdammt weit. Dabei frage ich mich schon, was als erstes gezockt wird, doch dann höre ich meinen Bruder sagen:

„Nein Mama, ich werde selbst einen Joystick aus den Resten des alten bauen!“.

K. zeigt den Prototyp: der abgekrachte Stick des Quickshot I, an dessen unterem Ende einfach nur ein Saugnapf hängt. Und das wars.

Ich bin entsetzt. Er … will … äh … WAS???

Er behauptet tatsächlich, aus den Überresten der Hülle und einem Saugnapf, den man einfach auf eine Unterlage klebt, einen vollwertigen Joystick bauen zu können… selbst ein Elektronik-Noob wie ich weiss: das kann nichts werden ohne Elektronik.

Der freiwillige Verzicht verwundert mich umso mehr, als K. der weitaus größte Freak in der Familie ist – später wird er Systemadministrator werden. Eigentlich müßte er vor Freude jauchzen, doch er lehnt ab und in diesem Moment im Jahre 1985 bricht in mir eine Welt zusammen: So schnell wird meine Mutter bestimmt kein Geld mehr für die Zockerei locker machen und sie steckt tatsächlich den Fuffi wieder ein.

Vielleicht ist es auch ein Anflug von Verantwortungsbewusstsein, dass meinen damals immerhin 17-jährigen Bruder befällt, aber wenn ich daran denke, wie er in seinen folgenden wilden Jahren noch etliche Zeit mit Automaten- und Computerspielen verbringt, schliesse ich das hiermit dann doch mal aus.

Es ist wohl eine Art kosmischer Inzidenz, irgendeine Art von Fremdsteuerung, Quaksprech oder Fahren neben der Spur, die K. zu dieser Tat treibt – nie werde ich es wohl erfahren, denn Jahre danach muss er selbst noch lachen, wenn ich ihn daran erinnere.

Sicher ist aber, dass ich später irgendwie das Geld für einen Joystick auftreibe und dann mit einem Competition Pro mit Mikroschaltern und robuster Verarbeitung alle Decathlon-Sorgen los bin. Decathlon ist ein Sportspiel, bei dem sich die Figur umso schneller bewegt, je schneller man den Joystick hin- und herrüttelt. Man nennt diese Spiele auch Joystick-Killer. David, ein Freund, erzählt mir, dass er den 1500-m-Lauf nur zusammen mit einem Freund meistert, indem jeder an die Grenzen geht, rüttelt, was das Zeug hält und dann hysterisch den anderen um Ab- und Erlösung herbeiruft. Haaach, das waren noch Zeiten … man lese dazu die Kritiken einiger User zum Spiel.

Allerdings vergeht bis zum Competition Pro noch eine ganze Weile und ich sitze da mit einem C64, auf dem eigentlich die besten Spiele verfügbar sind, nur dass ich sie nicht spielen kann – ohne Joystick.

Joystick_Competition_PROSchluss mit gebrochenen Steuerknüppeln und eingedallten Knackfröschen: der Competition Pro ist äußerlich stabil verbaut, während innen Mikroschalter am Werk sind.

Abteilung „seltsam„: mein Freund Iwan – kein Russe, sondern ein Holländer – kauft sich 1986 auch einen C64. Bei ihm verbringe ich viel Zeit. Mit Druid und ihm als Golem. Aber weil er sich DAS DA kauft,

quickshot8Der Quickshot 8 hatte, ähnlich wie eine umgedrehte Maus der zweiten Generation, einen (halben) Ball, dessen Bewegungen von 4 Schaltern verwertet werden, verbaut. Nachteil bei den Mäusen: der Ball las jeden noch so kleinen Dreck und Staub vom Tisch auf und so mußte man immer wieder die Kontakte reinigen… bis die optischen Mäuse das Problem behoben.

schleppe ich meinen Joystick immer mit. Dieser Quickshot ist ergonomisch gestyled, liegt perfekt in der Hand, sieht futuristisch aus, aber: man kann mit ihm so gut wie gar nicht spielen. Klar, Iwan kann es, denn er hat ja keinen anderen und lernt etwas, was ihn zum exotischen Künstler macht, aber Normalsterbliche wie ich schleppen ihren Joystick mit und verzichten auf das Erlernen einer seltenen Fähigkeit, mit der man auf Partys Erstaunen ohne Bewunderung erntet.

Und zum Schluss nochmal unnützes Wissen:

als sich abzeichnet, das der C64 das Rennen um die Marktführerschaft machen wird, so gegen 1985, meint Commodore, mit dem C128 den großen Bruder des C64 etablieren zu können. Das Ding hat doppelt so viel Arbeitsspeicher, 80-Zeichen-Darstellung, kann mit CP/M betrieben werden und hat einen voll kompatiblen C64-Modus. Aber der C128 setzt sich nicht durch. Die Spieler können mit CP/M nichts anfangen und die meistens seriösen CP/M-User fragen sich, warum sie sich im C64-Modus mit so was infantilem wie Computerspielen die Finger dreckig machen sollen. Schliesslich gründet der Erfolg des C64 auf seinem berechtigten Ruf als Spielemaschine. Und so wird der C128 ein Flop. CP/M ist das erste plattformunabhängige Betriebssystem und verbreitet sich Ende der 70er / Anfang der 80er rasant. Aber man verpasst den richtigen Zeitpunkt für ein Update: als zu Zeiten des C128 endlich CP/M 3.0 ein größeres Publikum erreichen könnte, hat Microsoft mit QDOS und später MS-DOS bereits den Kampf gewonnen.

Ich hingegen kaufe mir erst 1994 einen PC – dann nämlich, als man etwas Sinnvolles damit anstellen kann: spielen. Und zu diesem Zeitpunkt zum Glück ohne großen Bruder, der einen schon mal eine Runde aussetzen läßt, weil man just in jenem Moment hustet, in dem sein Mario von Donkey Kongs Tonnen zermalmt wird.

Retro, Skyrim, C64: was mit neuen Spielen nicht stimmt…

(Fortsetzung von gestern)

Nein, nein, vergessen Sie mal ihr Anti-Gerede gegen alles! Bei Two Worlds (das mir übrigens auch Spaß macht) tritt das von Ihnen beschriebene Prinzip im Großen und Ganzen unverblümt zutage. Bei Skyrim gibt es eine epische Story, die mit dem Rest des Elder-Scrolls-Reiches verwoben ist. Man kann Erze schürfen, eigene Waffen schmieden, sich unterschiedlichen Fraktionen anschließen, zum Dieb, Kämpfer oder zum Magier werden, man kann sogar verschiedenste Lebensmittel zu unterschiedlichen Gerichten kochen und noch vieles mehr. Das ist eben nicht so wie bei Two Worlds, das hat Tiefe, das macht Sinn.

Feyd holt tief Luft und antwortet:

Ob ich mich jetzt durch das Schmieden von Rüstungen oder das simple Plätten von Monstern hochlevele, um dann eben noch effizienter Rüstungen schmieden bzw. Monster plätten zu können, ist egal. Das ist immer das gleiche Prinzip in neuem Gewand.

Na, selbst, wenn es das wäre… darum geht’s eben bei Computerspielen: eine anfangs übermächtige, gewaltig erscheinende Aufgabe am Ende eben doch zu meistern, indem man während des Spiels besser wird. Und auf dem Weg dahin lernt man immer neue Verhaltensweisen.

Das halte ich für einen Trugschluß. Das Schmieden von Rüstungen sowie das Plätten von Monstern hat denselben Effekt auf das Hochleveln. Es würde mich nicht wundern, wenn das im Kern dieselben Programmroutinen sind, die die Tätigkeit des Spielers auswerten und in Erfahrung und Levelaufstieg umrechnen.

Das Gleichgewicht von Herausforderung und Spielbeherrschung ist nur eine Facette vom Spiel und heutige Rollenspiele reduzieren sich im Spielprinzip ausschließlich darauf.

Wirklich Spaß macht doch ein Spiel, wenn ich einen Weg finde, meine eigene, persönliche, eigensinnige Art und Weise, die Aufgabe zu meistern, entfalten kann.

Stattdessen habe ich die Wahl zwischen einer Palette von Optionen, die jeder Spieler auf der Welt gleich nutzt. Eine Zwergenrüstung hat immer die gleichen Werte, sieht immer gleich aus, hat immer den gleichen Grundverkaufswert, egal, ob ich oder XY am anderen Ende der Welt sie „geschmiedet“ hat.

D.h. die Fülle an Optionen allein schafft noch keine Komplexität im Spielverhalten.

Gut, was schafft denn Komplexität?

Wenn ich das so einfach sagen könnte, würde ich selbst Spiele machen. Aber auf jeden Fall ist diese Komplexität gegeben, wenn ich ein klassisches Brettspiel wie „Die Siedler von Catan“ oder „Monopoly“ spiele.

Sind die Unterschiede da wirklich so hoch? Wird das von XY am anderen Ende der Welt nicht auch so gespielt wie von Ihnen?

Eben nicht. Denken Sie nur an den Raum, den der Handel zwischen den Spielern bei den Siedlern bekommt. Sobald das anfängt, kommt es zu den aberwitzigsten und unterschiedlichsten Situationen.  Da kann man gar nicht sagen, was komplexer ist: das Spiel zwischen Fremden, bei denen die objektiven Handelskompetenzen mehr Raum einnehmen oder das zwischen guten Freunden, bei denen die soziale Beziehung zum Tragen kommt. Der Handel zwischen Paaren beispielsweise ist das witzigste und ärgerlichste, da mit komplexeste Element in Gesellschaftsspielen wie Siedler oder Monopoly und so etwas finde ich bei Computerspielen einfach nicht.

Gehe ich bei Skyrim zu einem Händler, läuft das – unabhängig davon, daß es eine Fülle an Variationen gibt – immer gleich ab. Die Täuschung findet nur anfangs statt – wenn man sieht, daß es viele Händler gibt, daß die einem freundlich oder unfreundlich gesonnen sein können, daß man mit Ausrüstungsgegenständen und Fähigkeitswerten bessere oder schlechtere Preise erzielen kann. Da ergibt sich eine Palette von Möglichkeiten, aber deren Endlichkeit ist schnell erkannt und das Spiel beginnt, zu langweilen. Aber das Allerschlimmste ist die vermeintliche Stärke des Spiels: seine schiere Größe.

Wie meinen Sie das? Haben Sie nicht eben noch gesagt, daß die Endlichkeit der Möglichkeiten, also eigentlich eine begrenzte Größe, das ist, was Sie stört? Ist es da nicht von Vorteil, daß Skyrim riesig ist?

Wie gesagt, es ist umgekehrt. Weil das Spiel riesig ist, fällt einem viel mehr auf, daß sich das Prinzip wiederholt. Wenn man zehn Dungeons gesäubert, sich hochgelevelt, die Schätze verkauft und sich neue Ausrüstung gekauft hat, geht man los und versucht sich an stärkeren Gegnern. Dann merkt man schnell, daß der Level wieder nicht ausreichend ist, ebenso die Ausrüstung. Man müßte also nochmal zehn Dungeons säubern, um sich hochzuleveln und wieder neue Ausrüstung zu kaufen, um dann endlich größere Aufgaben zu meistern. Und weil Skyrim so riesig ist, hat man auch alle Gelegenheit dazu. Dieser ganze Schnickschnack, der Computerspiele so faszinierend macht – die grafische Präsentation, das Gefühl von Interaktion, dieses Eintauchen in eine andere Welt – das hält nur begrenzt. Man gewöhnt sich daran, und zuletzt durchschaut man nicht nur die Konstruktion, sie beginnt zu nerven. Wenn ich auf Level 30 Schmiedekunst anwende, nervt mich nichts mehr, als das warten darauf, daß der Schmied von seinem Amboß weggeht. Das soll realistisch wirken, schließlich kann man ja nicht an einen Amboß, der gerade benutzt wird. Aber es nervt einfach nur. Man schaut sich zu diesem Zeitpunkt dann diese Animation zum vielleicht 300. Mal an und man beginnt, den Schmied zu bekämpfen. Einfach nur, weil man will, daß er der Programmierer ist, der das verbrochen hat, oder einfach nur, um irgendetwas anderes zu tun und seinen Frust über diesen idiotischen Hyperrealismus loszuwerden, der völlig kontraproduktiv wirkt.

Aber der führt doch auch dazu, daß man in einer riesigen Landschaft mit überzeugend realisierter Schneefallgrenze im Gebirge steht. Wasser fließt fantastisch animiert durch die Gegend und Elche und Füchse kreuzen den Weg – das zieht einen doch in die Geschichte.

Ach ja, richtig: der Fuchs.

Die Füchse. Es sind mehrere. Dutzende.

Glauben Sie mir, und ich habe von Programmierung wenig Ahnung: es ist immer derselbe Fuchs. Dieselbe, unnötige Programmroutine, die mir vorgaukeln soll, daß ich gerade nicht vor meinem Schreibtisch, sondern in Skyrim bin.

Natürlich ist es eine Programmroutine. Mir ist klar, daß das kein echter Fuchs ist. Aber im Spiel, mit allem anderen dazu, mit den Bergen, Flüssen, Passanten, dem Tag und der Nacht, der Natur und eben allem anderen verschmilzt alles zu jener Illusion, die für mich funktioniert.

Das täte es auch für mich, wenn das Spiel kürzer wäre.

Aber ist nicht die epische Breite…

Bitte, nicht schon wieder. Die epische Breite ist epische Langeweile. Wäre das Spiel kürzer, straffer, dann würde man bestimmte Dinge nicht hundertfach machen und dann wäre die Illusion da.

Niemand hält Sie davon ab, die Hauptquest straff durchzuspielen – ohne die ganzen Nebenquests, derer Sie so schnell überdrüssig werden.

Können Sie mir verraten, wie das gehen soll: die Hauptquest straff durchspielen? Da scheitert man verdammt schnell an der eigenen Schwäche. Die „epische Breite“ ist kein Angebot, sie ist ein Muß. Ich muß extrem viel Zeit in Skyrim mit all diesem Firlefanz wie Alchemie und Schmiedekunst, Taschendiebstahl und Handel verbringen, um auch nur einen zweiten Schlag bestimmter Gegner zu überleben. Das macht keinen Spaß, das ist Quälerei.

Also Sie sind der Meinung, bei diesem Spiel habe man eine Idee – oder besser: die Standards der Rollenspiel-Ideenwelt – extrem aufgebauscht.

Ich würde eher sagen: extrem ausgedünnt. Deswegen braucht man ja auch zig Programmierer und Designer dafür: nicht zum Denken, sondern zum Ausformulieren eines immer gleichen Gedankens auf unterschiedliche Weise. Das hat man gründlichh übertrieben.

Richtig. Kommen Sie deshalb auf den Ausgangspunkt unserer Überlegungen zurück: die Retro-Szene. Was war früher anders als heute bei Skyrim?

Natürlich gab es auch damals schon den Versuch, epische Storys in unüberschaubaren Welten zu schaffen. Aber erstens wurde das auch sauberer gemacht und zweitens haben die Spiele dort, wo man es nicht gemacht hat, spaßiger. Die Beschränkung auf 64 KB ließ einen Programmierer gar nicht erst auf die Idee kommen, eine Idee auszudünnen, im Gegenteil: er mußte in knappe Speicherressource so viel Spielspaß wie möglich reinpacken.

 

Einspruch: als der C64 rauskam, galt er als Ressourcengigant. 64 KB und 16 Farben waren 1982 enorm.

Das war 3 Jahre später schon ganz anders. Und die vermeintliche Schwäche, also der Umstand, daß eben NICHT die Technik besser wurde, wirkte sich positiv auf die Spieleentwicklung aus. Auch 1985 und auch 2 Jahre später noch stand bei den meisten noch ein C64 zuhause, der kaum noch mit seiner Technik überzeugen konnte. Überzeugen konnten hingegen Spiele, die Spaß machten und die wurden auch produziert.

Idealisieren Sie nicht diese Zeit zu sehr? Es gab auch richtige Gurken wie Knight Rider oder Miami Vice. Oder denken Sie an die Iso-Action-Adventures. Die glichen sich wie ein Ei dem anderen.

Stimmt, es gab bereits damals schon einen Markt, der regelmäßig Mist produzierte. Ich rede nur von der Dimension, nicht vom Prinzip. Alles war kleiner, überschaubarer und das ist der Punkt: weil der C64 so lange nicht von der Bildfläche verschwand, war genügend Zeit für diese riesige Szene da, neben viel Müll auch so einigen heißen Scheiß zu produzieren. Heimcomputer kaufte man sich damals nicht mal eben so wie einen PC heute. 17 bis 30 Millionen C64 sollen verkauft worden sein und jahrelang haben Programmiere sich damit auseinandergesetzt. Da mußte auch viel Gutes dabei rauskommen, neben all dem Mist natürlich.

Der Umstand, daß die Hardware sich ständig verbessert und auch verkauft wird, führt dazu, daß sich die kommerzielle Spieleszene nur noch mit der Nutzung – nicht der Ausnutzung wie damals beim C64! – technischer Attribute befasst. Das Interessante, meine Hoffnung Schürende ist aber, daß die technische Entwicklung zwar ungebremst weiter geht, die Frage der technischen Nutzung aber allmählich beginnt, unwichtiger zu werden. Wir haben einen Punkt erreicht, an dem Spiele heute technisch so ziemlich alles können – hohe Framerate in HD? Kein Problem. Bombast-Surround-Sound in 24 Bit-Qualität? Lange schon da. Das wird inzwischen selbst den Kids zu langweilig und neue Plattformen wie Casual-Games auf dem Handy lösen den klassischen Markt für Computerspiele langsam ab.

Finden Sie diese Rückkehr zum Spiele-Niveau von 8-Bit-Maschinen nicht irgendwo rückschrittlich?

(Fortsetzung morgen)

Heimcomputer, Retro, Power Play – Feyd klärt auf.

Herr Braybrook, Retro Gamer, 25 Jahre Power Play, Spiele-Veteranen-Podcast + Seite usw.:  im Moment scheint es geradezu eine Retro-Welle bei Computerspielen zu geben.

Scheint so, aber bis auf die Paper-Publikationen gab es das andere auch schon vorher. Der Spiele-Veteranen Podcast besteht seit nunmehr 3 oder 4 Jahren und ging aus der Seite „www.kultpower.de“ hervor. Diese Seite war das private Projekt eines altgewordenen Computerspiele-Zeitschriften-Nerds, der begonnen hatte, die Artikel von Happy-Computer, Power-Play und weiteren zu scannen und ins Netz zu stellen. Das war in Deutschland lange Zeit die zentrale Plattform für Retro in bezug auf Zeitschriften. Über den Podcast bzw. weitere Seiten wurde der Schritt zum kommerziellen Retro-Journalismus nun vollzogen, aber die Szene war längst schon da.

Wie sehen Sie diese letzte Entwicklung?

Zunächst hielt ich es für reine Geldmacherei.

Und nun?

Wie das so ist: man läuft 99 mal an diesen Zeitschriften vorbei und beim 100. mal beginnt man dann, darin zu blättern. Als ich das bei der „Retro Gamer“ gemacht habe, war ich positiv überrascht.

Was hat Sie zum Kauf bewogen?

Es macht mir inzwischen mehr Spaß, darin zu blättern als in aktuellen Zeitschriften. Der Markt beschäftigt sich nur noch mit der Frage, welche Grafikanforderungen neue Ego-Shooter stellen oder welche Extra-Features man bei seinem Lieblings-MMORPG mit echtem Geld dazukaufen kann. Um ehrlich zu sein: ich habe mir, wenn überhaupt, aktuelle Spiele-Zeitschriften nur noch wegen der beigelegten Vollversionen gekauft, und da waren die schlecht gemachten so gut wie jene, die ein scheinbar hohes Niveau haben. Bei der Retro Gamer fand ich nicht nur Hintergrundwissen, sondern auch eine seltsam charmante Mischung aus Nostalgie und Distanz zu der Szene vergangener Zeiten – die Metaebene, sozusagen.

Was ist mit der Qualität der Seiten? Sie sind dicker und leicht glänzend.

Den Schnickschnack braucht kein Mensch. Wenn das Heft durch einen Ersatz mit dünneren Seiten billiger wird, begrüße ich das.

Sie sagten selbst, daß diese Hefte dafür gedacht sind, aufgehoben zu werden. Dickeres Papier ist dafür besser geeignet.

Ich gehe davon aus, daß Menschen, die sich mit 25 Jahre alten Computerspiele-Zeitschriften beschäftigen, wissen, wie man Zeitschriften eine Weile aufheben kann – auch wenn sie aus dünnem Papier sind.

Na gut, Sie sind also gelangweilt von der aktuellen Presse, die sich nur noch wiederholt. Aber tut das die Retro-Szene nicht noch weit mehr? Wenigstens lesen Sie auf Gamepro, Computer Bild und PCAction etwas über neue Titel. Was ist also das Interessante an der Beschäftigung mit 30 Jahre alten Spiele-Rezensionen?

Da muß man trennen. Es gibt zunächst einmal die pure Nostalgie, d.h. das Blättern in alten Zeitschriften mit dem „ach ja richtig, so war das damals“-Effekt. Das macht eine Weile Spaß und ich z.B. finde es witzig, Anzeigen oder Tests der neuen 5 MB-Festplatte für 3000,- DM zu entdecken. Da kommt man schnell auf eine höhere Ebene in Form von Analyse oder gar Kritik und das ist dann die langfristig motivierende Ebene. Eine Happy Computer aus den 80ern wäre das Langweiligste, was es gibt, wenn man da nicht den Vergleich zu heute hätte und den habe ich.

Sie denken da an den Umstand, daß jede Generation ihre Zeit für eine Art Krönung der technischen Entwicklung hält.

Ja. Gerade die Entwicklung im Festplattenbereich, aber auch bei der Geschwindigkeit von Prozessoren war im Grunde schon immer die gleiche: in einem gewissen Zeitraum verdoppelt sich die Leistung. Was dann heißt, daß Begriffe wie „riesig“ oder „schnell“, die in diesem Zusammenhang ja oft als Kernbegriffe gebraucht werden, ihre Bedeutung verlieren. Gleiches gilt für die Preise. Bei Wikibooks fand ich folgenden Satz:

„Bei der ST506 (Seagate 1980, 5 MB) kostete 1 Megabyte noch 250 €. Der Preis ist pro Jahr um 40% gefallen, auf heutigen Festplatten kosten 1000 Megabyte etwa 5 Cent.“ Begriffe die Leistung betreffend sind somit völlig bedeutungslos.

Nicht in der Gegenwart, in der sie ausgesprochen oder gedruckt  werden. Wenn Sie heutzutage davon sprechen, daß eine Festplatte mit 2 TB riesig ist und mit 90 € günstig, dann ist das heute nun mal so.

Aber zeichnet den Menschen nicht aus, daß er einen Begriff von gestern und morgen, von der Vergangenheit und der Zukunft hat?

Schon, aber warum sollte der Redakteur einer Hardware-Zeitschrift darüber berichten, was der neue Prozessor von Intel in 5 Jahren noch wert ist?

Das muß er ja nicht. Es geht nur um die Einordnung dessen, was er tut und was seine Leser tun, es geht um Bewusstsein. Der pure Informationsfluss von Verkäufer zu Kunde ist nicht die einzige Komponente in diesem Redakteur-Leser-Austausch. Da wird letztlich ein Technologie-Mythos geschaffen und aufrecht erhalten. Mit diesem Prozessor wird so und soviel schneller und effizienter Arbeit verrichtet usw. Das impliziert bereits, daß Fortschritt technologisch ist und daß er einen Nutzen haben muß.

Na, das ist doch gut! Der Mensch benutzt seinen Verstand, um nützliche Dinge zu tun oder noch besser, noch schneller  zu tun.

Ja, aber was ist der Menschheit wirklich nützlich? Noch mehr Effizienz? Noch mehr Produktivität?

Herr Braybrook, sie sind ein Träumer. Die Konkurrenz schläft nicht. Wenn wir unsere Leistung nicht verbessern, kommen andere mit besserer Leistung und grasen den Markt ab.

Aber merken Sie nicht, daß diese Konkurrenz künstlich geschaffen ist? Daß sie Gewinner und Verlierer schafft, selektiert und was das Schlimmste ist: daß sie kein Ende hat?

Das ist ein dummer Gedanke. „Stell Dir vor, es ist Markt, und keiner geht hin“.

Ist es klug, den Markt nur deshalb gut zu bewerten, weil man selbst von ihm profitiert? Was ist mit den Verlieren? Fragen Sie doch mal die Verlierer des globalen Marktes, was die davon halten. Gehen sie nach Südamerika und versuchen sie, denen die Vorzüge des globalen Marktes näher zu bringen.

Meinen Sie, es ist besser, wie ein Tier ohne Technik, ohne Vernunft vor sich hin zu wurschteln? Kein Wettbewerb, kein Fortschritt.

Und wie wäre es, wenn wir unsere Vernunft einmal dazu einsetzen würden, Gutes zu tun oder die Probleme sozialer Ungleichheit anzugehen? Den Rassismus zu bekämpfen? Kriege zu verhindern und die der Dritten Welt bei der Entwicklung einigermaßen unabhängiger und krisensicherer Wirtschaftssysteme zuhelfen? Wäre das kein Fortschritt?  So wie es aussieht, hat die Vernunft allein uns noch nicht auf eine neue Daseinsebene gehoben.

Dieses Interview hatte eigentlich mal den Ansatz, die Retro-Welle zu beleuchten.

Das hat absolut Bezug zur Retro-Szene: früher gab es mit dem C64, kurzzeitig dem Atari ST und dann dem Commodore Amiga Heimcomputer, die eine hegemoniale Stellung im Spiele-Markt innehatten. Diese war zwar nicht freiwillig, sondern die Technik und der Markt ließen es nicht anders zu. Aber dennoch waren die Programmierer gezwungen, immer mehr aus den Maschinen rauszukitzeln.

Es gab nicht ständig neue Hardware, die zu mehr Leistung geführt hat – der Mensch, der Programmierer mußte seine Vernunft einsetzen, um mehr aus dem C64 rauszuholen, als eigentlich dringesteckt hat.

Das ist Quatsch. Der C64 war eine Maschine, und in der steckt nichts „Unsichtbares“ drin. Vielleicht hatten es Programmierer noch nicht entdeckt, aber da war es schon vorher.

„Da war es schon vorher“ – was heißt „da„? Sie gehen davon aus, daß das Potenzial eines Computers eine absolute Kategorie ist, eine bestimmte Menge, ein Wert; meßbar und somit endlich, weil eine endliche Menge Chips und Leitungen drin verbaut sind. Ich sehe das umgekehrt. „Da“ ist das, was im Kopf des Menschen ist, der vor dem Computer sitzt. Erst die Vorlage vom Programmierer und dann die Interpretation im Kopf des Users konstruieren zusammen die Welt, von der wir bei Computerspielen reden. Zählt man also diese beiden Köpfe zu dem Computer dazu, erkennt man die Unendlichkeit der Möglichkeiten. Spiele wie Paradroid oder Wizball sind neue Wege gegangen, haben den Spielern neuartige Verhaltensweisen abverlangt – wenn das gut gemacht ist, ist das äußerst anregend und unterhaltsam, ganz egal, wie die technische Seite ist. Es eröffnet neue Welten. Wenn man nun noch das soziale Element hinzufügt, potenziert sich dieser Effekt: Spiele, die man mit anderen am Computer spielen konnte, waren schon immer am spaßigsten, weil man hier im Besonderen neue Verhaltensstrategien entwickeln muß, immer wieder. Ich erinnere mich an Leaderboard. Meine Geschwister und ich probierten es Anfang der Ferien aus und im Nu war schon wieder Schule.

Na gut, aber wir reden doch nicht von der sozialen, sondern der technischen Seite von Computerspielen und die ist eben begrenzt.

Das ist nur zum Teil richtig. Noch 1987 wurde Nebulus auf dem C64 wegen des rotierenden Zylinders szeneweit diskutiert. Zu diesem Zeitpunkt war die 16-Bit-Ära bereits angebrochen und schon ein Jahr später hatten Amiga und ST die Marktführerschaft übernommen. Und dennoch sorgte ein technisches Gimmick wie jenes bei Nebulus für Furore, drängte sich in die Magazine zwischen Stereo-Sound und 4096 Farben eines Amiga.

Schön. Aber hat das, wie sie sagen, neue Welten eröffnet? Entstand ein neues Zylinder-Dreh-Genre?

Nein, das ist natürlich „nur“ ein Beispiel dafür, wie aus einem recht einfachen, aber beeindruckenden technischen Gimmick ein Spiel entstehen kann. Der Programmierer zeigte dem Produzenten dieses Gimmick, der es zwar beeindruckend fand, sich aber fragte, wie man so etwas hätte verkaufen sollen. Weil man im Kopf des Menschen aber einen Turm entstehen lassen kann, wenn man nur Sterne als Hintergrund und Treppen auf dem Zylinder einfügt, machte der drehende Zylinder auch einen Sinn und das wirkt motivierend, nicht die Technik allein. Der Spieler wird einen drehenden Zylinder vielleicht kurz bestaunen, aber ein Spiel mit diesem Effekt wird er starten.

Es gibt also keine absolute Kategorie: Technik ist nicht unwichtig (Nebulus), aber Technik allein macht noch lange keinen Hit. Das war in den 80ern so und heute ist es nicht anders.

Schön, deshalb gibt es bei den großen Softwareschmieden ja auch Kreativ-Abteilungen.

Das ist ein echtes Problem. Die sind oft nicht wirklich kreativ. 5 Kreative bedeuten nicht automatisch 5 mal mehr Kreativität, eher im Gegenteil. Mit solchen Teams macht man vielleicht Spiele, die eine lange Spielzeit und eine große Spielewelt haben, aber es ist ein Trugschluß. Beispiel Action-Rollenspiele: das ist immer das gleiche Prinzip, stundenlang: Aufgaben bekommen, scheitern, irgendwann meistern, hochleveln, schwerere Aufgabgen bekommen. Skyrim ist da nicht besser als Two Worlds.

Wie bitte? Two Worlds ist ein Action-Rollenspiel, Skyrim ist ein echtes Epos!

Vergessen Sie doch mal diese von der Industrie vorgesetzten Kategorien.

Nein, nein, vergessen Sie mal ihr Anti-Gerede gegen alles! Bei Two Worlds (das mir übrigens auch Spaß macht) tritt das von Ihnen beschriebene Prinzip im Großen und Ganzen unverblümt zutage. Bei Skyrim gibt es eine epische Story, die mit dem Rest des Elder-Scrolls-Reiches verwoben ist. Man kann Erze schürfen, eigene Waffen schmieden, sich unterschiedlichen Fraktionen anschließen, zum Dieb, Kämpfer oder zum Magier werden, man kann sogar verschiedenste Lebensmittel zu unterschiedlichen Gerichten kochen und noch vieles mehr. Das ist eben nicht so wie bei Two Worlds, das hat Tiefe, das macht Sinn.

(Feyd holt tief Luft und antwortet – morgen)

Ende Teil I.

Jetzt neu: Weltuntergang

„Pixels“ von Patrick Jean:

Muß man gesehen haben. Mein Fave: Donkey Kong, klar.

Paranoider Android zuletzt auf Schrottplatz gesehen

Wer das hier kennt

kann mir vielleicht sagen, Weiterlesen

Andrew Braybrook

Andrew Braybrook war/ist ein absoluter Mythos, ein in der Szene übergreifend anerkannter Programmierer und Designer von C64-Spielen, bis er nach Anbruch der Hegemonie der PCs völlig von der Bildfläche verschwunden war.
Man könnte meinen: gut, das war eben einer von vielen Programmierern, wen interessiert das schon?
Dazu kann man nur sagen, daß 2 seiner Spiele zu absoluten Klassikern der gesamten 8-Bit-Generation geworden sind (Paradroid und Uridium).
Und dann stellt sich die Frage, warum er fast jedem von 17 Millionen C64-Usern heute noch ein Begriff ist, während kein Mensch mehr weiß (vielleicht sogar je wußte…), wer Chris Yates war, obwohl dieser das allseits bekannte „Wizball“ geschrieben hatte.
Die Heimcomputer-Spiele-Szene der 80er war geprägt von Prosperität. Vergleichbar dem PC-Boom der 90er Jahre hatten die 8-Biter den Platz der Konsolen eingenommen. D.h.: wenn zuhause gespielt wurde, dann auf Heimcomputern und da vorwiegend auf dem C64.
Die Szene tauschte sich überregional via Demos aus. Printmedien berichteten über den legalen Teil der Szene bereits recht dürftig und schwiegen sich somit über einen großen Teil der illegalen Szene, also Cracker und Hacker, aus. Wenn es mal ein Programmierer schaffte, einen Artikel in einer der bekannten Zeitschriften zu bekommen, war das eine echte Leistung.
Andrew war einer davon. So nannte ihn die Happy-Computer, die wohl bekannteste plattformübergreifende Zeitschrift seinerzeit, in ihrer Septemberausgabe des Jahres 1986, einen „Superstar der Programmierer-Szene“.
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Die Tatsache, daß er gleich zwei Spiele designt hatte, die als Blaupause für etliche andere dienen sollten, war damals unerreicht. Machen wir uns nichts vor: so schön manche Titel auch waren, es gab auch damals schon eine Menge Schrott und Hype. Ein Programmierer, der sogar zwei stilbildende Spiele vorzuweisen hatte, war eine Sensation.
Man hätte sich Mitte bis Ende der 80er unter diesen Vorzeichen also nie vorstellen können, daß Andrew Braybrook mal von der Szene-Bildfläche verschwindet, doch: genau das ist geschehen. Wie hat es dazu kommen können?

Andrew arbeitet laut Wikipedia seit Mitte der 90er bei einer Versicherung als Programmierer. Als Grund wird seine Weigerung, den Wechsel zum PC mitzumachen, angegeben. Viel mehr steht da aber auch nicht…

Angesichts seiner auch heute noch enormen Popularität in der Szene mutet es seltsam an, daß so wenig über ihn bei Wikipedia oder Youtube zu finden ist. Man könnte jetzt alleilei mutmaßen; z.B. ob der Karriere-Knick derart einschneidend war, daß er nie wieder in die Spiele-Branche einsteigen wollte und ob er deshalb noch nicht einmal an die glorreichen Zeiten erinnert werden will. Doch das interessiert nicht.

Interessant ist lediglich, daß eine absolute Ikone der 80er völlig von der Bildfläche verschwunden ist, und  zwar höchstwahrscheinlich am wenigsten aus Ideenmangel: Andrew hatte einfach keinen Bock mehr. Also nicht nur zum Spiele-Programmieren – Andy will auch keinen Star-Kult bzw. er betreibt keinen, obwohl er es könnte. Und diese Art, Seifenblasen bei Nostalgikern zerplatzen zu lassen, könnte man einerseits durchaus als sadistisch und andererseits als das benennen, was den meisten Nostalgikern fehlt: erwachsen. Andrew ist dem Pac-Man-Spielen entwachsen.

Nicht, daß ich Pac-Man verabscheue. Aber irgendwie ist es schon beeindruckend, daß eine Ikone wie Braybrook so gar keine Lust auf Ikonisierung hat.

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