Filed under: Politik, Rechts ist böse, Rechtsstaat, Tagesschau, Uncategorized | Tagged: 5%-Hürde, AfD, CDU, Demokratie, Grüne, Hitler, Landtagswahl, Linke, Nationalisten, Nazi, Petry, SPD | Leave a comment »
Rußland ist nicht die Sowjetunion!
Natürlich meint er es nicht abosolut wörtlich, wenn Stephan Laack von der ARD seinen Kommentar zu Putins Präsidentschafts-Kandidatur mit „Das ist Sowjetunion pur!“ betitelt. Putin hat Partei und Land mit eiserner Hand regiert und der „Machtwechsel“ hatte seinen Namen nicht wirklich verdient. Es ist also durchaus kritikwürdig, wenn Putin von Medwedjew abgelöst wird, nachdem dieser ihn abgelöst hatte. Man gibt sich die Klinke in die Hand.
Mich stört der Vergleich mit der Sowjetunion. Zwar fragen sich viele im Westen und in Rußland, wo genau der Unterschied zwischen dem Präsidialsystem und der gedachten (gefühlten, gewünschten…) Räterepublik Stalins und Breschnews liegt, denn die Macht Putins scheint ungebrochen und er selbst schafft es trotz seines offen antidemokratischen Regierungsstils, an der Macht zu bleiben – da fragt man sich doch, wie? Welche Rädchen im System dreht dieser Mann, um skandalöse Vorfälle wie die Ermordung der systemkritischen Journalistin Anna Politkowskaja unbeschadet zu überstehen? Natürlich fühlt man sich zurecht an den Ostblock erinnert.
Aber für uns im Westen ist es dennoch wichtig, den Unterschied zu kennen, denn wir legen uns da eine Entschuldigung für die abfällige Sicht auf Rußland zurecht. So, als hätten sich die Russen nicht weiterentwickelt. Wir können also die alte Schublade weiterbenutzen und was das allerschlimmste ist: wir können uns für etwas Besseres halten, obwohl wir selbst auf unsere Weise die gleichen Tendenzen ausleben.
Eine kleine Erklärung:
Das Präsidialsystem Rußlands ist dem der USA weit ähnlicher als der sog. Räterepublik. Denn der Präsident wird tatsächlich direkt vom Volk gewählt und ist dies einmal geschehen, findet praktisch keine Kontrolle mehr statt:
(Quelle: Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung Online
Zum Vergleich das System der USA. Wesentlicher Unterschied sind die Wahlmänner, die das direkte Votum des Volkes in die Präsidentenwahl umformen. Was die mangelnde Kontrolle angeht, sind jedoch sehr große Ähnlichkeiten vorhanden.
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung Online
Wem der Vergleich zwischen Putin und Obama nicht einleuchten will, der erinnere sich an das nicht gehaltene Guantanamo-Versprechen. Und wer auch das verzeihen kann, erinnere sich an unser aller George W. Bush. Spätestens da wird klar, was eine Präsidialdemokratie für Folgen haben kann.
[Update September 2014: inzwischen brauche ich an dieser Stelle nicht mehr an Guantanamo verweisen. Obama zog US-Soldaten aus dem Irak zurück, nur um inzwischen wieder im Irak „Krieg gegen den Terror“ zu führen. Einziger Unterschied zum Irak-Krieg: Syrien wird auch bombardiert. Update Ende]
Nun leben wir aber nicht in einer Präsidialdemokratie. Bundespräsidenten haben so gut wie keine Macht. Sie unterschreiben lediglich die Gesetze und erst Robert Köhler hat das eine oder andere mal seine „Macht“ in dieser Form ausgeübt – er hat sich einfach geweigert bestimmte Gesetze zu unterschreiben.
D.h.: man muß zwischen politischen Systemen und der Art, wie Macht ausgeübt wird, unterscheiden. Politiktheoretisch betrachtet sind Putin wie Bush demokratisch absolut vom Volk legitimiert, weit mehr als bei uns. Aber was heißt das schon? Das Volk ist manipulierbar, ein Präsident ist manipulierbar. Obama ist von der Wirtschaft genauso abhängig wie Putin vom russischen Militär. Und wir wünschen uns mehr direkte Demokratie. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das will.
Die eine Möglichkeit wäre die Direktwahl eines mit Vollmachten ausgestatteten Präsidenten. Natürlich kann ein Präsident mit Vollmachten stark regieren, aber wer kontrolliert ihn noch?
Die andere Möglichkeit wäre die direkter Voten in politischen Fragen. Tja, wir wissen, was passiert, wenn das Volk direkt mitregiert. Das konnte man am Minarett-Verbot in der Schweiz sehen.
Stattdessen ist eine Gewaltenteilung die einzige Möglichkeit, Machtmissbrauch vorzubeugen. Da bin ich doch ganz zufrieden mit der Bundesrepublik.
Aber man kann sich ja auch einreden, das wäre bei uns nicht möglich, weil Putin ein Schwein und Rußland eigentlich immer noch irgendwie die Sowjetunion ist.
Nur fürchte ich, daß wir dadurch allein nicht vor Machtmißbrauch gefeit sind.
Filed under: Personen, Politik, Rechts ist böse, Rechtsstaat, web 2.0 | Tagged: Bush, Demokratie, direkte Demokratie, Kanzler, Medwedjew, Obama, politisches System, Präsident, Putin, Rußland, Sowjetunion, USA | Leave a comment »
Stuttgart 21: Aufstand bei Abriss
Der Abriß hat begonnen. Eigentlich hat er das bereits kurz nach der Errichtung des Bauzauns, allerdings fand das zerstörerische Treiben innerhalb der nach außen hin sichtbaren Mauern statt.
Nun, nachdem drinnen wohl alles beseitigt ist, was beim endgültigen Abriß der Außenmauern stören könnte, hat der Bagger zugebissen. Innerhalb kurzer Zeit war eine Schneise vom Dach bis zum Erdboden gerissen.
Die Parkschützer hatten noch nicht mal Alarm ausgelöst, da war die Fassade schon stark beschädigt.
Hintergründe, Fakten und Informationsmaterial der Kritiker gibt es mehr als genug. Es wäre unmöglich, das auch nur ansatzweise hier aufzuzeigen. Jedem, der sich informieren möchte, seien folgende Seiten ans Herz gelegt:
Kopfbahnhof 21
Parkschützer
schrem-webcam
Ich werde hier sicher noch einige Dinge zu den Themen Partizipation und die Frage, welche unterschiedlichen Bedeutungen der Begriff Fortschritt hat, posten.
Fürs erste regt mich allerdings die maßlose Untertreibung vieler Medien bei der Angabe der Teilnehmerzahlen bei der spontanen Demo auf. Insbesondere stört mich, daß ausgerechnet der SWR gegen 20.00 Uhr immer noch von „hunderten“ Demonstranten sprach, während ich auf der Demo gegen 18.00 Uhr mindestens 6000 Menschen geschätzt hatte. Dazu kamen tatsächlich hunderte, die bereits vorher Richtung Weindorf gezogen sind.
Wenn das die BLÖD-Zeitung macht, naja, so sind die eben.
Aber der SWR, der seinen Sitz hier in Stuttgart hat, der vor Ort war, der sich anmaßt, seriösen Jounalismus zu betreiben…ich fasse es nicht.
Hier noch ein Foto der Demo, der etwa ein Drittel des Geländes zeigt. Hinter dem Bildrand links befindet sich ein etwa gleich großes Gelände und dort war der größte Andrang. Da bin ich nicht mehr hingekommen. Ich war etwa zwischen den beiden Bäumen rechts. Einen Rundumschwenk werde ich demnächst auf youtube hochladen. Ich bin mir aber dennoch sicher, daß die Untertreibung des SWR bald schon durch andere Uploads Lügen gestraft werden wird. Insgesamt zeigt dieser Ausschnitt etwa ein Drittel der Demo.
Filed under: Politik, Rechtsstaat, Uncategorized, web 2.0 | Tagged: Abriss, Demo, Demokratie, Hauptbahnhof, Lüge, Medien, oben bleiben, Parkschützer, Partizipation, Stuttgart, Stuttgart 21, SWR | 2 Comments »
Stuttgart 21: Baubeginn! (UPDATE 31-07)
SWR spricht von immerhin 2000, auf Twitter ist die Rede von 4500 Gegnern.
SWR: S21 – Baubeginn und Proteste der Gegner
Twitter meldet ein paar tausend Demonstranten
Eisenbahnjournal: Nordflügel soll offensichtlich am Montag nicht mehr stehen.
Via Twitter und Parkschuetzer.de wird gemeldet, daß es an mehreren Punkten in der Stadt Sitzblockaden gäbe, aufgrund derer der Verkehr punktuell zum Erliegen gekommen ist. Und nun der Hammer… seit ca 1 Stunde wird die IVLZ angeblich gewartet, weswegen keine Staus mehr gemeldet werden:
Viel ist über das Milliardengrab geschrieben worden und auch ich habe schon hier und da berichtet. Nun scheint es tatsächlich so weit zu sein:
entgegen dem erklärten Willen eines großen Teils der Bevölkerung wird nun in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit dem Abriß des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs begonnen.
Dabei hielten sich die Betreiber des S21-Projektes offensichtlich für ein wenig zu schlau. Sie wählten einen Zeitpunkt, an dem
– die Schulferien eben erst begonnen hatten
– das Wochenende begonnen hatte
– es dunkel wird – man könnte meinen, um sich mangels Erkennung auf der Straße am nächsten Tag nicht am nächsten Tag schämen zu müssen, aber vielmehr dürfte dies dem Umstand geschuldet sein, daß nachts nun mal weniger Protest zu erwarten ist, als tagsüber (Eltern können das Haus nicht verlassen, Kinderlose sind womöglich unterwegs)
Nein, Stuttgart 21 kann man nicht mit der Berliner Mauer vergleichen, außer in einem Punkt: beide waren / sind nicht von der Bevölkerung gewollt.
Was sollte ein Politiker in solch einer Situation also tun?
Er könnte wie ein Demokrat handeln und sich dem Willen des Volkes beugen. ODER: er tut das, was bereits Ulbricht 1961 getan hat. Er ordnet eine heimliche nächtliche Aktion an.
Dazu Polizeipräsident Siegfried Stumpf in der Online-Ausgabe der Stuttgarter Zeitung:
Wäre S 21 gewollt, wären derartige Heimlichkeiten nicht nötig. Daß sie es doch sind, ist demaskierend: man ist sich der Ablehnung in der Bevölkerung gewahr und deshalb versucht man nun mit allen Mitteln, unumkehrbare Fakten zu schaffen.
Aber wie ich eingangs erwähnt habe, ist das mitnichten schlau. Diese Enttarnung wird politisch noch hohe Wellen schlagen. Man hat nicht nur preisgegeben, daß man nervös, ja ängstlich ist. Man hat offensichtlich auch noch gedacht, daß die Bürger so dumm sind, sich durch eine Nacht-und-Neben-Aktion vom Protest abbringen zu lassen.
Dies ist gründlich in die Hose gegangen. Nun kann jeder sehen, wie im Falle S 21 die Demokratie mit Füßen getreten wird.
Dies mag eine Niederlage für die Gegner von S 21 sein, da der Hauptbahnhof, ist er erst einmal zerstört, nicht mehr wiederherszustellen ist.
Aber eine derartige Mißachtung des Volkes wird nicht so einfach vergessen und vergeben schon gar nicht. Nächstes Jahr sind Wahlen und bis dahin sitzen wir mitten in einer riesigen Baustelle.
Das, meine Herren Politiker, war ein ganz böses Eigentor.
Filed under: Politik, Rechtsstaat, Uncategorized | Tagged: Baubeginn, Bürgerbeteiligung, Demokratie, Demonstration, Geldverschwendung, K 21, K21, Kopfbahnhof 21, Protest, S 21, S21, Stuttgart 21 | 2 Comments »