Standard & Poor´s stuft Mensch herab und Heuschrecken hoch

Die Ratingagentur ließ heute verlautbaren, daß aufgrund des schlechten Krisenmanagements der Weltpolitik eine Konsolidierung der nationalen Haushalte nicht zu erwarten sei. Die Politik nähme zu viel Rücksicht auf den Faktor Mensch. Erschwerend hinzu käme, daß der Faktor Mensch uneinsichtig sei und gegen dringend notwendige Sparpläne auch noch demonstriere.

Deshalb droht die Ratingagentur dem Wirtschaftsfaktor Mensch nun mit einer Herabstufung seiner Bonität von A-A auf LMAA. Begründen müsse man dies mit der mangelnden Einsicht zu sinnvollen Sparmaßnahmen wie der Streichung von 30000 Stellen im öffentlichen Dienst sowie der Kürzung der Renten. Gerade Renten seien volkswirtschaftlich besehen sinnlose Investitionen, da bei den Empfängern die Lebenserwartung sowieso geringer sei als bei kaufkräftiger arbeitender Bevölkerung – diese Fehlinvestitionen seien öffentlich zu ächten.

Auf der Suche nach Alternativen finden Vertreter der Agentur deutliche Worte:
„Der Mensch ist zwar zu enormen Leistungen fähig, allerdings muß er stets dazu angetrieben werden. Erschwerend hinzu kommt, daß ihm geistige Fehlentwicklungen wie soziales Bewußtsein, Vernunft und Mitgefühl kontinuierlich den Weg zu einer effizienten Daseinsform versperren.
Wir fordern die Politik daher auf, sich möglichst schnell an Lebensformen zu orientieren, die besser in der Lage sind, gewinnmaximierend vorzugehen.“

Gleichzeitig vergab die Agentur an die Spezies „Heuschrecke“ die Höchstnote AAA. Ein Sprecher ließ verlautbaren, daß es sich um eine Art kosmischen Irrtum handeln müsse, daß jenes Lebewesen, welches am besten in unserem Wirtschaftsystem klarkomme, kein Mensch, sondern eine Heuschrecke sei.

Weiter empfahl er „dieses wunderschöne Video“ – es zeige die Vision einer weiterentwickelten Spezies Mensch, der die besagte Effizienz in Fleisch und Chitin übergegangen sei:

Die Rating-Agentur sah in folgendem „Erfolgsprinzip“ ein Proto-Modell für gelingende Wirtschaft:

– neuen Lebensraum okkupieren
– Ressourcen verbrauchen
– sich solange vermehren, bis die Ressourcen erschöpft sind
– neuen Lebensraum okkupieren

…der Sommer ist vorbei.

Der Sommer ist vorbei.
Nicht, daß es in der letzten Woche nicht noch ab und zu mal einen warmen Tag gegeben hätte.
Oder daß es mehr als warm – wir können ruhigen Gewissens sagen: heiß – gewesen wäre, wenn die Sonne mal geschienen hätte.

nein, das wird kein „Der Sommer in Deutschland“ – Artikel. Ich brauche es nicht immer dämpfig und tropisch – zumindest nicht dort, wo man nicht ins Meer springen kann

Und selbstverständlich trugen sie auch zum konservierten Sommer-Feeling bei; sie, die Heimgekehrten von den Stränden fremder Länder. Mit ihren allzu gewagten T-Shirts/Bermuda-Shorts, Hawaii-Hemden, den mal-anders-als-sonst-Frisuren, den knackig gebräunten Teints und selbstverständlich auch einem etwas lockereren Lebensgefühl als sonst. Wenn Menschen in Deutschland etwas freundlicher als sonst sind auf den Bahnhöfen, Straßen und in den U-Bahnstationen – also dort, wo man es für gewöhnlich eilig hat – dann muß es daran liegen, daß sie aus ihren Urlauben kommen, wo sich 2 – 3 Wochen lang ihre Alltage auf Fragen der Strandliegenbesetzung oder Restaurant-Wahl beschränkt haben. So einfach und unbeschwert kann das Leben sein.

Ja, das alles trägt zu einem anderen Lebensgefühl bei

und man merkt: nicht „die Deutschen“ sind so (oder zumindest sind sie nicht von Geburt an so), sondern es ist der deutsche Lebensstil, die Gepflogenheiten unseres organisierten geschäftlichen Alltags. Den kann man abstreifen und es geht verdammt schnell, ohne Pflichtbewußtsein klarzukommen.

Und selbstverständlich kann man zumindest versuchen, es zu konservieren, etwas mitzubringen nach Deutschland, wenn man in Portugal, Kroatien, Italien oder Thailand war.

Aber ganz sicher ist bereits der Versuch, dieses Sommer-Feeling zu konservieren zum Scheitern verurteilt, wenn er sich durch den stoischen Betrieb von Klimaanlagen in U-Bahnen und Zügen auszeichnet.

Das ist keine Behauptung – ich habe es selbst erlebt, am eigenen durchgefrorenen Leibe. Und nicht nur ich, sondern zig andere Fahrgäste der DB oder der VVS auch. Du steigst von einer etwas-unter-Raumtemperatur-Station aus (also gefühltes nichts – weder kalt noch warm) in die Bahn und bemerkst es, das leichte Frösteln. Doch dabei bleibt es nicht. Da stehst, sitzst, fährst Du nun an Deine Zielbestimmung, und Du bist glücklich, wenn Du nur eine Kurzstrecke gelöst hast. Denn dann bist Du bald erlöst aus Klein-Sibirien (schon gewußt? Jakutien liegt direkt daneben und ist genau so kalt, aber Sibirien ist nun mal das Synonym für „kaltes Land im Norden Rußlands“, und deshalb völlig uninteressant für den Feuilleton und die Backpacker-Industrie).

Ansonsten frierst Du halt hier in Deutschland, obwohl es noch gar nicht so kalt ist Anfang September.

Und fragst Dich, warum man bei ca. 20 °C Außentemperatur drinnen die Klimaanlage laufen lassen muß. DIN – ESO-Norm xy2000? Damit nicht, wie letztes Jahr, arme Schüler in ICEs kollabieren? Natürlich muß man sowas vermeiden, klar. Aber warum von einem Extrem ins andere? Jetzt frieren sie alle. So wie letzten Freitag im ICE von Leipzig nach Stuttgart. Oder in der U7 von Ostfildern nach Stuttgart.

Nicht nur ich, nein. Ich schnappte es auch bei anderen Passagieren auf.

Na toll.

Nein, ich fühle mich nicht wie im Urlaub, nur weil die Klima-Anlage in der U-Bahn läuft.

Dann versuchts lieber mal mit dem, was Ihr erfolgreich aus dem Urlaub mitnehmt. Also ein wenig Lockerheit, Menschlichkeit, Freundlichkeit, denn ohne Scheiß: das alte Klischee von der Sonne im Herzen…

…JA, ES FUNKTIONIERT!

Eurovision: das Orakel (Lena Meyer-Landrut)

Lena Meyer-Landrut hat den Eurovision Song-Contest (für mich immer noch Grand Prix d’Eurovision de la Chanson) gewonnen. Da wir uns dank der WM in Südafrika ja bald auf unsinnige Statistiken gefaßt machen können („noch nie hat eine deutsche Mannschaft verloren, wenn nach der 13. Minute eine gelbe Karte für den Platzwart der gegnerischen Mannschaft gezogen worden ist…“), habe ich mich gefragt, welche Stilblüten das in diesem Fall tragen könnte. Also:

vor 28 Jahren hatte Nicole im Alter von 17 Jahren für Deutschland im englischen Harrogate den GP gewonnen.
Nach 28 Jahren hatte sich übrigens das Volk der DDR der Mauer, einem Schandfleck deutscher Nachkriegsgeschichte entledigt und nun entledigen wir uns der Hegemonialstellung Ralph Siegels in der deutschen GP-Geschichte, der bisher von seinem Erfolg mit Nicole gelebt hatte.

Demnach muß Folgendes zutreffen:

– der nächste Sieg für Deutschland ist im Jahre 2038.
– es wird wieder eine Frau
– sie wird 21 Jahre alt sein (Nicole: 17; Lena: 19 (Nicole + 2); X: 21 (Lena + 2))
Oslo ist 991 km von Harrogate entfernt. Demnach findet der GP 2038 im finnischen Utajärvi statt. Das sind zwar nur 971, nicht 991 km Entfernung von Oslo, jedoch ist der geografisch exakte Ort die Pampa zwischen den Seen Sankijarvi und Palosenjarvi, wo es nichts außer Elche und Rentiere (noch nicht mal einen Wikipedia-Eintrag) gibt. Denkbar ist natürlich, daß bis dahin eine Stadt entsteht, die den Eurovision Song Contest austragen kann, aber das soll ja eine absolut seriöse Prophezeihung werden, aloso sehe ich davon ab.
– Nicole ist blond, Lena brünett. Also ist X wieder blond. Und 21. Und in Utajärvi.
– Ralph Siegel war 37, als sein Song Sieger wurde, Stefan Raab ist 43 und hat den Song lediglich ausgewählt (geschrieben haben ihn Julie Frost und John Gordon), der Hauptverantwortliche 49-Jährige für den Erfolg im Jahre 2038 wird weder ein Instrument beherrschen, noch Noten lesen können. Er wird Analphabet sein und sich von rohem genmanipuliertem Fleisch ernähren, was im Jahre 2038 aber „in“ ist.
– Raab und Siegel heiraten, Max Mutzke vervotet per Gedanken-Handy seine gesamten GEMA-Einnahmen des Jahres 2037. Dabei fällt ihm auf, daß er seine Songs gar nicht selbst schreibt und er nur 12 mal voten kann (GEMA gibts nur für Autoren, nicht für Interpreten), weswegen er verhaftet wird und von einem Polizisten, der ein fanatischer Verehrer seiner Musik ist, gezwungen wird, die ganze Nacht in der Zelle „Can´t wait until tonight“ zu singen.
– Lena ist dann 47 und wird sagen, daß die wichtigste Entscheidung in ihrem Leben die Abkehr vom Pop zur Drehleier-Moritat war, womit sie die U-Musik revolutioniert hat.
– WM und Eurovision werden verschmolzen. Über das Weiterkommen der Mannschaften entscheidet eine Jury. Das Finale hingegen wird durch Handy-Votings entschieden. Treffen zwei Mannschaften aus benachbarten Ländern zusammen, dürfen sie keine Tore schießen, sondern müssen Ciceros „Frauen regiern die Welt“ rückwärts singen. Das macht zwar keinen Sinn, aber das trifft auch auf das Lied in der Vorwärts-Version zu.
– alle Lieder werden in dreifacher Geschwindigkeit gespielt. Dafür werden die Punkte in Zeitlupe gesendet. Das macht es spannender („…aaannnddd heeereee aaareee theeee resuuuuultsss of theee…“).
– Peter Urban labert immer noch Scheiße am laufenden Meter, wirft anderen schlechtes Englisch vor, während er selbst keinen Deut besser ist (O-Ton Urban:“Kantrie“ – soll so viel wie country heißen) und gibt zu, 2010 beim spanischen Beitrag inkognito auf die Bühne geflitzt zu sein, weil er gedacht hatte, Spanien würde Sieger werden, womit er sich bekanntlich getäuscht hatte.

Und weils so schön war, hier nochmal das Video mit dem Streaker aka Peter Urban:

Und zum Abschluß noch mein kleiner Beitrag für 2038. Dann werde ich zwar nicht mehr leben, aber El Cid hat ja auch die Massen hinter sich geschart, obwohl er bereits tot war – auf die Schminke kommt es an…;-)

Auf die Aktie Mitleid für afghanische Frauen setzen

Ein bißchen was zur Frage, was die Diskussion um Kopftuch und Burka so alles für Hintergründe haben könnte auf

tagesschau.de

Natürlich gibt es Philosophen (Michael Walzer), die von „gerechten Kriegen“ unter ganz bestimmten Kriterien sprechen. Allerdings ist es sicher nicht in ihrem Sinne, wenn die öffentliche Meinung manipuliert wird.

Die Frage, ob die Unterdrückung (nicht nur) der Frauen durch die Taliban in Afghanistan ein Grund ist, dort zu intervenieren, ist sicher erlaubt. Allerdings verlieren Befürworter der Intervention ihre Glaubwürdigkeit, wenn – wie hier – rauskommt, daß gezielt die öffentliche Meinung beeinflußt werden soll. Wir sitzen hier im Trockenen und bilden uns ein, mit dem Krieg in Afghanistan etwas für den Feminismus zu tun, während hierzulande Frauen nach wie vor weniger Geld mit derselben Arbeit verdienen. Nicht, daß mit die Taliban geheuer wären. Aber wieso muß ein „ja“ zu diesem Krieg mit Dämonisierung eingeholt werden?

Der alltägliche Journalismus sollte doch eigentlich ausreichen, oder?

Egal, wie man zu „gerechten Kriegen“ steht, ihr Hauptmerkmal ist doch das der Kontrolle. Jede ungerechtfertigte Aktion muß vermieden werden (bis hin zum Krieg selbst). Oder: jede Aktion muß gerechtfertigt sein. Das allerdings heißt aber auch, daß Argumente offen / öffentlich diskutiert werden müssen. Von Offenheit kann in diesem Fall aber nicht die Rede sein. Da wird irgendwie irgendwas heimlich beschlossen und durchgeführt, um die – offesichtlich für die Wahrheit zu dumme – Öffentlichkeit dazu zu bringen, etwas zu tun, was sie andernfalls wohl nicht täte.

Das ist weder gerecht, noch rechtens. Das ist Käse. Kein Cent wird in die Aktie Afghanistan investiert, und erst recht nicht, weil die CIA den Feminismus als hohen Kurs erkannt hat. Wie sagte William von Baskerville in Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“:

„Mißtraue den Erneuerungen der menschlichen Gattung, wenn die Kurie und die Fürstenhöfe davon zu reden beginnen!“

PS: daMax gab mir diesen lesenswerten Link:
Mely Kiyak zum Krieg in Afghanistan

Wo liegt Deutschland?

turkishmom: was lebst Du?

Das ist gut erzählt, denn erklären man kann die Gleichzeitigkeit zweier Verbundenheiten (seltsamer Ausdruck) nur schwer. Dennoch ein Versuch:

Am Vorhaben der Anpeilung einer „Leitkultur“ scheitert auch die Integrationsdiskussion: sie geht von der Reinheit als Ziel aus. Reinheit der Sprache, Reinheit der Moral, Reinheit der Integrität. Dabei ist die Welt, in der Integration stattfinden soll, eine andere als das Konstrukt in den Hirnen der nationalkonservativen Kräfte. Die Welt, die echte Welt – die Realität – ist nun mal geprägt von der Gleichzeitigkeit vieler Länder mit dem Einfluß all ihrer kulturellen Einflüsse auf die MigrantInnen.

Ist jene Denkblockade – die Vorstellung, man müsse die Herkunft eines Menschen ausradieren, weil sie Integration verhindere – einmal weg, ist der Weg frei zu einer sinnvollen Vorstellung der Welt, die sich an der Realität orientiert.

Deutsche und türkische Einflüsse wie im Beispiel oben, die zusammen ein harmonisches Bild abgeben: warum nicht? Man spreche mit den vielen Menschen, bei denen das sehr gut klappt und urteile erst danach.

Es gibt keine „Reinheit der Nation“. Wer davon spricht, hat schlicht keine Ahnung von den vielen multinationalen Einflüssen in der „deutschen Nation“ (was immer das sein soll) selbst. Das betrifft den Mythos der sog. „Indogermanen“ (es gab sie nicht; das ist ein Sammelbegriff für ein Völkergemisch, das ständig auf Wanderung war) genauso wie die Unbestimmbarkeit der aktuellen „deutschen“ Kultur und ihrer Einflüsse: angesichts der Medien und ihrer Bedeutung für das tägl. Leben muß man sich doch fragen, was in Fernsehen und Internet konsumiert wird und woher es kommt. Woher kommen Blogs, die IT, die Technik, Youtube, die Popmusik, die Wikipedia usw.? Anhand dieser wenigen Beispiele wird deutlich, daß Deutschland als Begriff zwar vorhanden ist, dessen Herkunft aber nur schwer analysierbar ist. Und wenn dies – also eine Herkunftsanalyse – gelingt, zeichnen die Ergebnisse dieser Analyse doch eher das Bild eines dicht verwobenen Netzes von vielfältigen Einflüssen anderer Nationen, die wiederum selbst Netzwerke darstellen.

Integration kann also nur scheitern, wenn sie versucht, eine Art „Reinheit“ herzustellen. Es gibt keine Reinheit, nirgends: weder in der Natur (man schaue sich mal die Laboranalyse reinen Bergbachwassers an…), noch in der Kultur.

Buchtipp: „Bevor es Deutschland gab“, Reinhard Schmoeckel, Gustav Lübbe Verlag, 2004, ISBN: 3404641884

In dem Buch beschreibt der Autor, wie Cäsar einen kleinen Trick anwandte, um zuhause in Rom behaupten zu können, die Gallier endlich besiegt zu haben. Er behauptete einfach, daß östlich des Rheins keine Gallier lebten, sondern „Germanen“, womit er alle Stämme, die dort lebten und die herzlich wenig miteinander zu tun hatten oder sogar verfeindet waren, in einen Topf warf. Doch es funktionierte: „die Gallier“ waren besiegt.

Und seltsamerweise gaben „die Germanen“ dennoch keine Ruhe…

Normalerweise sollte man der Wikipedia bei derartigen Themen nicht trauen. Angesichts der Fülle gesicherten Materials aber gebe ich hier dann doch mal einen Link zum Besten:

Cäsar und die Germanen – Wikipedia

Wem auch das zu wikipedisch (sprich ungenau) ist, dem sei die Masse an ernstzunehmenden Links (ebd.) genannt, z.B. das Interview mit Jürgen Udolph, das sehr gut verdeutlicht, wie sehr Völker, Stämme und deren Sprachen und Kulturen sich gemischt haben. Wer da noch von „Reinheit“ spricht, ist völlig fehl am Platz in einer politischen Diskussion, die sich um eine deutsche Leitkultur dreht und das Integrationsproblem auf mangelnde Sprachkenntnisse von MigrantInnen beschränkt.

Menschenrechtssituation in Deutschland

Nein, das geschriebene Wort der tagesschau.de-Redaktion ist nicht mit jenem der Bibel vergleichbar. Und selbst, wenn dort mal etwas sehr Sinnvolles steht, liegt es mehr am Interviewpartner, denn an den Redakteuren.
Und dennoch paßt zu folgendem Interview mit dem Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses Tom Koenigs bei tagesschau.de das folgende Bibelzitat:

Mk 4,24: “ Weiter sagte er: Achtet auf das, was ihr hört! Nach dem Maß, mit dem ihr meßt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden, ja, es wird euch noch mehr gegeben.“

Im Interview werden Deutschland Mängel in der Verwirklichung der Menschenrechte attestiert. Angesichts des oft bemühten Argumentes vieler „stolzer“ Deutscher, das Ausland sei in Menschenrechtsfragen im Vergleich um einiges nachlässiger als Deutschland, ist der Hinweis auf die Ergebnisse des Ausschusses sehr aufschlussreich. Und zwar nicht nur in bezug auf das Ergebnis an sich, denn so toll scheints hierzulande ja nicht auszusehen. Vielmehr zeigt der ewige Hinweis auf andere Länder die Perspektive vieler Einheimischer: Fehler werden gerne im Ausland gesucht.

Natürlich, in Saudi-Arabien oder Nordkorea steht es schlechter um die Menschenrechte als bei uns in Deutschland und es ist ebenso klar, daß man sich um Wege, diese Situation zu ändern, bemühen muß.

Es ist aber nicht nur die Frage, auf welche Weise das geschehen soll – ob man also durch kriegerische Interventionen die Menschenrechte in ein Land bringen kann (was laut Michael Walzer – zumindest theoretisch – durchaus möglich ist!) -, sondern ob man sich in seiner Gesamtheit als Person (und somit die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit als solche) an Idealen oder an der Realität orientieren soll.

Als ich einmal eine 3 mit nach Hause gebracht habe, erklärte ich meinem Vater, daß andere eine 4 oder gar 5 bekommen hatten. Er erwiderte: „Orientiere Dich immer nach oben, nicht nach unten“.

Die Richtigkeit seiner Worte habe ich immer dann festgestellt, wenn ich mich nach unten orientiert hatte: das hat nur zu einer selbstgerechten Haltung geführt: den Standard gut finden, sich damit arrangieren, sich nicht darum kümmern, alles verlottern lassen und letztendlich mit ansehen, wie es Schritt für Schritt schlechter wird.

Mein Hinweis auf die 4 oder 5 des einen oder anderen Kumpels war ein Alibi und nichts anderes höre ich, wenn hierzulande ein Minarett-Verbot damit begründet wird, daß in Saudi-Arabien ja auch keine Kirchen gebaut werden dürfen.

Das möchte ich nicht als Vorbild haben.