Zunächst einmal der offizielle Jargon der Online-Ausgabe der Tagesschau:
Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot
Luxusvilla verriet Bin Laden
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas
Anschläge, die die Welt veränderten
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei
Dann kommt der Verschwörungstheoretiker und sagt folgendes:
Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot – und überhaupt… ist das jetzt wahr, oder soll die Öffentlichkeit glauben, daß die USA einen Erfolg im Kampf gegen den Terror erzielt haben? Und hätte man bin Laden nicht lebend schnappen können oder hatte man Angst davor, daß er als ehemaliger Günstling der CIA plaudert?
Luxusvilla verriet Bin Laden – und überhaupt… wenn der sich verstecken will, wieso baut dann in einem Haus, das viel größer und auffälliger ist, als die anderen in der Umgebung? Und warum verhält der sich so komisch und verbrennt seinen Müll, damit auch jeder sieht, daß das irgendwas anders läuft?
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas – und überhaupt… warum ruft Osama gleich mal George W. Bush an? Wenn gerade die Unterschiedlichkeit in den Auffassungen bzgl. der Bekämpfung des Terrors durch kriegerische Mittel ausschlaggebend für den Regierungswechsel gewesen sein soll, wozu dann doch Gewalt? Wozu dann der Anruf bei Bush? Stecken doch alle unter einer Decke!
Anschläge, die die Welt veränderten – und überhaupt… jetzt schon wieder die Emotionalisierung zu 9/11, dem Paradebeispiel einer Verschwörung zum Zwecke der Anzettelung eines Krieges…
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen – und überhaupt: da sieht man es ja ganz deutlich, der Krieg gegen den Terror dient der Börse, sonst nichts.
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata – und überhaupt… die Aktion, bei der ein Sohn Gaddafis und 3 seiner Enkel getötet worden sind, soll ja hiermit gerechtfertigt werden. Nach dem Motto: zur Erringung dieses schweren Ziels muß man eben auch über Kinderleichen gehen.
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei – und überhaupt… da wird die Öffentlichkeit schon auf die nächste Intervention vorbereitet.
Dann kommt der Moslem und sagt:
Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot – ich suche vielmehr nach den Männern, die dafür verantwortlich sind, daß unsere Vorfahren bereits kolonialisiert und somit ausgebeutet wurden. Man sagt, diese Verbrecher sind toter als bin Laden, schon lange, und deshalb könne ich suchen, solange ich wolle. Unrecht sei die jahrhundertelange Unterdrückung und Versklavung schon gewesen, aber die heute lebenden Nachfahren seien 1. nicht dafür verantwortlich und 2. hätten sie genügend für den Ausgleich getan. Weiter hätten 3. gerade Länder wie Indien ohne die englische Kolonialisierung vermutlich nie den Segen der Demokratie zu spüren bekommen. Ich suche trotzdem immer noch nach den Männern, die Indhira Ghandi auf dem Gewissen haben. Oder nach den Männern, die auf Seiten der UdSSR Afghanistan jahrelang zerstört haben. Die Welt mag bin Laden gesucht haben – ich nicht.
Luxusvilla verriet Bin Laden – ich habe Bin Laden nie unterstützt, habe den Terror immer abgelehnt. Ich habe höchst demokratische Überzeugungen, aber ich weiß auch, daß man selbst als Universalist nicht wie ein Elefant im Porzellan-Laden daherstampfen kann und unsere gesamte Geschichte, unsere gesamte Kultur, ja, unsere Religion, also das, woran wir im Innersten glauben, nach westlichen Maßstäben be- und verurteilen sollte. Irgendeinen Grund muß es doch haben, daß verzweifelte Menschen in arabischen Ländern Terroristen wie bin Laden auf den Leim gehen und ihm dabei helfen, sich jahrelang in einer Villa zu verstecken. Vielleicht sollte man die Verzweiflung dieser Menschen bekämpfen und nicht bin Laden? Denn wenn er tot ist und die Verzweilfung weiterlebt, wird es einen neuen bin Laden geben.
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas – wir erhalten lange schon Nachrichten aus den USA, und es wäre schön, wenn wir auch mal Nachrichten in die USA schicken könnten, bzw. daß unsere Nachrichten dort auch wahrgenommen werden. Dies scheint nicht der Fall zu sein, und manche Menschen sehen sich deshalb gezwungen, ihre Nachricht als Selbstmord-Attentat zu verpacken. Nein, darauf muß man nicht verständnisvoll reagieren und der Westen darf sich nicht erpressen lassen. Aber es gibt Millionen friedlicher Moslems, die dasselbe, nur gewaltfrei sagen: wer gibt Euch das Recht, uns zu beurteilen? Wer gibt Euch das Recht, ganze Völker mit Krieg zu überziehen, weil Einzeltäter verheerenden Terror ausüben?
Anschläge, die die Welt veränderten – wir haben damals mitgelitten, genauso wie Ihr!
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen – na, dann freut Euch und laßt Euch sagen, daß Geld allein nicht glücklich macht. Ein Bösewicht ist tot und doch ist das kein Grund zum Jubel. Selbst, wenn man diese gewalttätige Lösung für richtig hält, gibt es doch gerade für Universalisten einen Rest an Menschenwürde, die auch bin Laden verdient hat. Da darf man sogar als verfassungskonformer US-Amerikaner für die Todesstrafe plädieren, aber nirgends in dieser Verfassung ist Jubel legitimiert, auch bei einem Mörder nicht.
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata – diese Menschen wollen Demokratie, aber sie sind nicht die Genese einer neuen Demokratie aus dem Reagenzglas des westlichen Politiklabors. Sie schaffen selbst, was morgen stehen wird und sie riskieren ihr eigenes Leben dafür. Es scheint im Westen Menschen zu geben, die sich für Revolutionäre halten, weil sie hier im Trockenen sitzen und in Medien wie dem Internet Nachrichtenmeldungen nachplappern und kommentieren. Das können sie gerne tun, aber die Revolutionen in der arabischen Welt brauchen diese West-Medien nicht. Die West-Medien sind die einzigen, die die West-Medien brauchen.
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei – ein Vorgeschmack auf das, was folgen könnte, wenn die Region weiter destabilisiert wird. Diese Region braucht Demokratie, aber auch Frieden. Wenn es diesen nicht gibt, brennt mehr als nur Gaddafis Hauptquartier. Feuer haben die unangenehme Eigenschaft, überzugreifen, und sie machen vor Grenzen nicht halt, und schon gar nicht vor westlichen. Allein der Flüchtlingsstrom wird die EU in ärgste Bedrängnis bringen. Als Universalist kann man einen Menschen von der Türe nicht abweisen, wenn man Asyl als Recht begründet. Was wird Italien als idealer Anlegeplatz für Nordafrika tun, wenn der Sturm losbricht?
was sagt der Linke?
Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot – ich bin gegen Terror, aber schuld sind nur die USA. Ich wasche meine Hände in Unschuld.
Luxusvilla verriet Bin Laden – ich bin zwar gegen die Interventionen der USA in souveräne Staaten, aber natürlich unterstütze ich – allein schon aus Gründen des Feminismus! – genausowenig die streng patriarchalische und hierarchische Herrschaftsstruktur der Mullahs und Mudschaheddin. Also eigentlich beschränkt sich mein Handelnd aufs Nicht-Gut-Finden von sowohl der Paschas als auch der USA (die ja eigentlich auch von so ner Art Paschas regiert werden). Daß die Sowjetunion damals den Krieg als erste nach Afghanistan gebracht hat, ist als spätstalinistische Folge zu bewerten und sagt nichts über die Überlegenheit des Kommunismus aus.
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas – ja, hier wird deutlich: dies ist ein Krieg der USA. Nebenbemerkung: „Amerika“, das ist auch Ecuador, das ist auch Bolivien, das ist auch Kuba.
Anschläge, die die Welt veränderten – ich vertrete die Meinung der Verschwörungstheoretiker, nur, daß ich es nicht als Verschwörung, sondern als Expansionspolitik bezeichne.
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen – ich bin für Planwirtschaft. Da wird so etwas einfach verboten!
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata – Solidarität mit unseren Brüdern in Arabien!
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei – Solidarität mit der Türkei, die unsere Brüder aus Arabien aufnimmt und die Rechnung zahlt!
Das sagt der Konservative:
Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot – recht so. Wer nicht anständig Deutsch spricht, kann nur Terrorist werden!
Luxusvilla verriet Bin Laden – möcht mal wissen, wie er die bezahlt hat. Da bin ich ganz Sozialist: Tod dem Kapital.
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas – wer sich mit uns anlegt, ist dran. Spätestens 9 Jahre danach. Jetzt wird alles gut. Wir sind grundsätzlich für friedliche Lösungen, aber wenn es nicht anders geht, muß Gewalt die Lösung sein.
Anschläge, die die Welt veränderten – da sind sie wieder, die Bilder. Diese schrecklichen, schrecklichen Bilder. Da werde ich ganz emotional. Da kommen mir die Tränen. Die armen Menschen. Und diese miesen Terroristen-Schweine. Ja, Schweine sind das, keine Menschen. Die gehören alle getötet. Und bin Laden hats jetzt endlich erwischt. Das tut gut. Das tut so gut. Sooo gut. Jetzt haben die Angehörigen der Opfer endlich Frieden. Jetzt können sie beruhigter schlafen gehen, den die Missetaten dieser perversen Schweine sind gesühnt. Gesühnt. Schweine. Missetaten. Gesühnt.
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen – schön, wenn das auch noch einen positiven Nebeneffekt hat!
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata – man muß sich schon mal vorbereiten auf weitere Aktionen. Es ist unsere Pflicht als Christen und Demokraten, hier einzugreifen.
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei – gaaanz wichtig: Grenzen dicht machen! Nur keinen reinlassen von denen. Nicht, daß wir gegen die Demokratisierung der arabischen Welt sind, aber das müssen die schon alleine schaffen. Unsere Hilfe beschränkt sich auf Interventionen. Was sollen wir auch sonst tun? Geld geben? Wir haben selbst immer weniger!
Jaaa, was sage eigentlich ich dazu?
Ich sage erstmal garnichts. Irgendwie erinnert mich das an den Tag, an dem ich aufgewacht bin und erfahren habe, daß Michael Jackson tot ist. Stand auch ganz oben, bei tagesschau.de.
UPDATE:

Heute morgen noch hieß es, die Streitkräfte seien in Besitz der Leiche. Davon zeugen diese Kommentare bei tagesschau.de. Und jetzt ist die Leiche mal eben schnell ins Meer geschmissen worden? Das ist ja wohl eine Ente, oder? Ich bin ja echt kein Verschwörungstheoretiker, aber welchen Sinn hatte denn diese Aktion???
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