Kita-Streik: Sind 10% Tariferhöhung zu viel?

Aus der taz:

taz: Müssen sich ErzieherInnen und SozialpädagogInnen auf ein Ergebnis einstellen, das weit unter ihren Erwartungen bleibt?

Thomas Böhle, Verhandlungsführer der kommunalen Arbeitgeber: Dem Ganzen wäre sicher mehr gedient gewesen, wenn man mit etwas realistischeren Forderungen herangegangen wäre.

——————————————————————————

Das mag ja so rein faktisch betrachtet zutreffen. Nur: wer hat den den Kita-Bereich so dermassen aufgeblasen, dass Tariferhöhungen sich so exorbitant auswirken? Waren das ErzieherInnen und SozialpädagogInnen?

780 000 Plätze sollten bis 2013 her. Das hat Frau von der Leyen einfach mal so in den Raum gestellt, damals 2006. Damals haben ErzieherInnen und SozPädInnen sich gewundert und teilweise gewarnt – wie soll das gehen? Wie soll man das bezahlen? Wo sollen all die Fachkräfte herkommen, um all diese Kinder zu betreuen, wenn man die Plätze überhaupt schaffen kann (was ja bekanntlich nicht gelungen ist)? Tja, so gehts: man rekrutiert Schlecker-Frauen und Langzeitarbeitslose. Man lässt PhysiotherapeutInnen nach einem Crash-Course von 25 Tagen als ErzieherInnen zu. Oder irgendwen als Tagesmutter. Und wozu kindgerechte Räumlichkeiten? Ein Baucontainer tuts doch auch! Ach so, und dann kann man in der „Praxisintegrierten Ausbildung“ (PIA) ab dem zweiten Jahr als Fachkraft angerechnet werden, zu 40 %. Man stelle sich das mal vor, im zweiten Ausbildungsjahr gilt man fast als Halbtageskraft… kurz: man schraubt die Qualität runter, auch beim Personal. Und siehe da: kurzfristig schaffte man tatsächlich ganz viele Kita-Plätze. Billich, billich.

Nee, Herr Böhle oder bzw. ja:

Die kommunalen Arbeitgeber werden 10 % mehr Gehalt nicht bezahlen können, insofern sprengt die Forderung die Grenzen des Machbaren allein aufgrund ihrer schieren Größe. Aber wer hat denn eigentlich den ganzen Bereich so aufgeblasen? Bis zum Geht-nicht-mehr hat man hunderttausende neuer Plätze geschaffen, ohne sich zu fragen, wie die Kinder dann eigentlich betreut werden sollen. Man hat alles und jeden zum Erzieher gemacht und nun stellen die Tarifforderungen, so wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Das ist nicht unrealistisch, Herr Böhle, das ist normal. Unrealistisch sind 780 000 Kita-Plätze mit qualifiziertem Personal. Und das haben die ErzieherInnen nicht verbockt. Falsche Adresse.

%d Bloggern gefällt das: