tagesschau.de 06.10.2011- das Review

Irgendwie war es klar. Steve Jobs hatte es lange in der Öffentlichkeit gehalten, doch nun ist er tot. Tagesschau.de bringt das zurecht als die Top-News des Tages, denn bereits nach Jobs Rückzug aus dem Geschäft brach der Kurs für Apple-Aktien ein. Eine Wirtschafts- aber auch Gesellschaftsmeldung also, war Steve Jobs doch für viele das Paradebeispiel eines Visionärs, der aus dem angeschlagenen Unternehmen Mitte der 90er die Alternative zu Microsoft gemacht hatte.
Es gibt genügend andere und besser geeignete Plattformen für einen persönlichen Rückblick. Deshalb will ich es hierbei belassen. Persönlich betroffen bin ich nicht, denn ich habe ihn nicht persönlich gekannt. Allerdings imponiert mir Jobs Stil, der Elemente des Leadership hatte, bevor systemisches Management zu einer Art Modewort geworden ist.

In den USA, in denen ohne Slogan mal gar nichts funktioniert, sagte Obama „Yes we can“, aber irgendwie meinte er wohl „Maybe we could“. Jobs stellte die Frage Kann man erfolgreich sein, wenn man es anders versucht?“ und gab selbst die Antwort „a solution exists„.

Ja, Apple, das war auch immer Werbung, Slogans, Schick und Design. Aber durch Steve blieb es nie bei leeren Versprechungen – die Slogans der Firma Apple, das muß man trotz der Kritik an deren Marktstrategie gelten lassen, die Slogans trafen zu: Apple ist anders. Apple ist verrückt. Und Apple funktioniert wirklich.
Steve Jobs war ein Mann, der etwas ganz einfaches gemacht hat: er Computer zum Funktionieren gebracht. Das Argument, man müsse sich verändern, um den Computer zu verstehen, hat er nie gelten lassen. Die Technik hat sich an den Menschen anzupassen und dies zu bewerkstelligen, hat Steve Jobs als Aufgabe gesehen. Und genau so einfach ist der Erfolg Jobs´ sowie seiner Firma zu sehen: Menschen geben ihr Geld eher für Dinge aus, die funktionieren, als für welche, die man erst selbst zum Funktionieren bringen muß. Danke, Steve.

[Update 11:45 Uhr]
Die Tagesschau fährt nun das volle Jobs-Programm:
hier (Video) und
hier (Bericht) und
hier (Bilderstrecke)
und das zusätzlich zum eigentlichen Artikel. Death sells.

Grüne und SPD in Berlin.

Kurz durchatmen, dann gehts weiter: die Seite berichtet über die Schlammschlacht zwischen den Grünen und der SPD, nachdem die Koalitionsverhandlungen in Berlin gescheitert sind. Da scheint ein ganz schön heftiger Rechtfertigungsdruck zu bestehen, sonst würden die sich jetzt im Nachhinein nicht die Schuld gegenseitig in die Schuhe schieben, aber ich frage mich, welchen Wähler das interessiert? Und warum macht da die Tagesschau mit? Die Dienstleistung ist nicht erbracht und es ist völlig irrelevant, wer die „Schuld“ hat (ich nehme an, beide). Da sollte sich die Tagesschau raushalten, sonst ist das nichts weiter als Polit-Boulevard.

Ulrich Deppendorf bringt einen Artikel über den inhaltlichen Gehalt des Piratenprogramms. Naja. Er hat ja nicht unrecht, aber den aktuellen Anlaß kann man sich selbst irgendwo herzaubern. Inhaltlich kommt da immer noch zu viel Wertung rüber. Zur Frage, ob die Piraten bundesweit eine Chance haben oder nicht, analysiert er richtig: die haben im Moment einen Höhenflug und sind eben übereifrig. Das wird sich schon noch geben… Dann folgt eine Analyse des Programms. Deppendorf nimmt bezug zur Transparent-Politik der Piraten. Und gleich meint er, es gäbe eben Staatsgeheimnisse, die nicht presgegeben werden dürften, aber „richtig ist es, daß die mehr drin haben wollen, daß die mehr beteiligt werden wollen, daß der Staat oder die Parteien mehr mit den Leuten kommunizieren müssen“. Das ist scheint zunächst nicht richtig, denn soweit man die Piraten zunächst verstanden hatte, wollten die Piraten völlige Transparenz, nicht nur „mehr“ davon. Aber dann behält Deppendorf doch recht. Auszug aus dem Parteiprogramm, Punkt 8 („Freier Zugang zu öffentlichen Inhalten“):

„Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht sind nur bei schwerwiegenden Gründen möglich; diese müssen in jedem Einzelfall schriftlich dargelegt werden.“

Also doch keine völlige Transparenz. Deppendorf nimmt wahr, daß die Piraten zumindest momentan noch so tun, als seien sie für völlige Transparenz („so, wie sie es jetzt sagen, noch eher ja“), allerdings interpretiert er „den Gedanken dahinter, möglichst viel Transparenz zu haben“. Und da interpretiert er richtig – ich nehme an, er hat das Parteiprogramm überflogen (langsamer geht auch nicht). Quintessenz ist: man darf sie nicht so unterschätzen, wie man das bei den Grünen anfangs gemacht haben – die waren plötzlich eben doch da, im Parlament. Allerdings bezweifelt er, ob die Piraten bei ihren Grundsätzen bleiben werden und da bin ich mit ihm einer Meinung, obwohl ich mein Wissen über die Piraten ausschließlich aus erster Hand habe: da ist viel Willen, viel berechtigte Empörung über ausufernde Politik, aber auch seltsame Vorstellungen von Freiheit, wobei letztere zum Wert erhoben wird, was ich für äußerst fragwürdig halte.

Entschädigung für verstrahlte NVA-Soldaten

CHristian Thiels bringt einen Artikel über die geplante Einrichtung einer Stiftung / eines Fonds „außerhalb des geregelten rechtlichen Verfahrens“. Klartext: das, was es dazu von gesetzlicher Seite gibt, ist ausgeschöpft, aber gerecht wird diese Lösung den Erkrankten nicht. Nun legt das Verteidigungsministerium vor: 7 Mio € fließen von dortiger Seite in den Fonds, was aber natürlich nicht reicht. Daher wird „eine Beteiligung mit den Firmen, die die Radargeräte damals produziert hätten“ in die Diskussion (die außerhalb des Parlaments ja noch gar nicht besteht…) eingebracht.

Ein Paradebeispiel für die Handlangerfunktion öffentlich-rechtlicher Medien. Der rechtliche Rahmen ist ausgeschöpft, die Alternative, ein Fonds aus teils öffentlicher, teils privater Hand ist schwer zu rechtfertigen bzw. realisierbar. Also bringt man die Diskussion ein wenig in Gang. Grundsätzlich ist eine öffentliche Diskussion bei Fragen zum Thema Geld ja wichtig, aber mit gefällt die Chronologie nicht, in der das abläuft. Eigentlich sollten die Bürger selbst darüber entscheiden, welche Themen außerhalb des rechtlichen Rahmens dennoch behandelt werden sollen. Und offensichtlich scheinen die Politiker auch keinerlei Handhabe gegenüber den Herstellern jener Radargeräte zu haben, sonst würden sie dies nicht in die Diskussion bringen. Da hofft doch stillschweigend jemand auf öffentliche Empörung, oder? Und zuguterletzt frage ich mich, wie die Nähe zur Tagesschau zustande kommt. Eigentlich sollten derartige Themen – also Menschen, die außerhalb des rechtlichen Rahmens dennoch nicht oder nicht so richtig zu ihrem Recht kommen – durch das Volk an die Presse herangebracht werden können. Ist aber nicht so. Die Damen und Herren in Berlin sagen der Tagesschau, wo es langgeht. Klar, schließlich sind die Politiker die personifizierte Meinung des Volkes. Wozu das Volk befragen? CDUSPDGrüneFDPLinke sind doch das Volk…

Slowakei sagt zum Euro-Rettungsschirm: „ne!“ – oder fast noch nicht eventuell vielleicht erst später noch

Ein Nein der Slowakei zum Rettungsschirm wäre ja eine Meldung, aber das voraussichtliche Nein ist es für die Tagesschau ebenfalls. Man erhält in Stefan Heinleins Artikel detaillierte Einsichten in die Befindlichkeiten der slowakischen Parteienlandschaft, selbst, wenn die keinen interessieren. Und mal ehrlich: ist selbst die Ablehnung des Rettungsschirmes durch die Slowaken ein wirkliches Novum? Ich schreibe bewußt: „die Slowaken“, denn das Parlament hat ja noch nicht abgestimmt. Das wäre wirklich einer Meldung wert. Aber Säbelrasseln im Vorfeld hebt sich irgendwann auch nicht mehr aus den vielen Säbelrasseln-Meldungen hervor. Bisher bringt diese Tagesschau jedenfalls – bis auf den Tod Jobs´ – keine wirkliche Meldung.

Immerhin: Brigitte Osterath erklärt uns in der Reihe „Nobelpreis live“, was Quasikristalle eigentlich sind. Ich muß sagen, daß mich das sogar interessiert. Ganz sicher mehr als das Geplänkel zwischen den Fast-Koalitionspartnern in Berlin oder das Bald-Vielleicht-Nein der Slowakei zum Rettungsschirm.

Und nochmal nix, aber die Tagesschau liest die Gedanken Sarah Palins – EXKLUSIV!!!

Sarah Palin wird 2012 nicht für die Republikaner im Kampf um die US-Präsidentschaft antreten. Das allein wäre schon unwichtig genug, denn mit Michele Bachmann steht (natürlich) schon eine andere Kandidatin parat. Interessant ist jedoch, daß die/der nicht genannte RedakteurIn Worte in Palins Mund legt die sie nie gesagt hat. Sie hat das auch nicht so gemeint, sondern es ist schlichte Konstruktion, was da bei unserem öffentlich-rechtlichen Parademedium getan wird. Schauen wir uns das genau an (ich nehme bewußt wörtliche Zitate der Tagesschau!):

Die Tagesschau nennt folgende Begründung:
In einem Brief an ihre Anhänger schrieb die ehemalige Kandidatin für die Vize-Präsidentschaft, dass ihre Familie Vorrang habe. „Nach vielen Gebeten und ernsthaften Überlegungen habe ich entschieden, mich 2012 nicht um eine Nominierung der Republikanischen Partei für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten zu bemühen“.
In der Überschrift heißt es aber: „Gott und Familie statt Wahlkampf und Weißes Haus“.
Das mit der Familie kann man dann noch durchgehen lassen, denn trotz fehlenden wörtlichen Zitates bekennt sich die/der AutorIn dazu dies in der Nachricht an die Anhänger gelesen zu haben.
Aber wo steht, daß Palin „für Gott“ auf den Wahlkampf verzichtet? Sie hat geschrieben, sie hätte sich nach „vielen Gebeten“, nicht „für Gott“ gegen die Kandidatur entschieden.

Jetzt wird man sagen können, das sei kleinlich.

Das wäre es, wenn hier nicht tatsächliche Aussagen mit Konstrukten vermischt würden und wenn in diesem Zusammenhang nicht mit konstruierten Einstellungen gegenüber den Republikanern gespielt würde.

Die Republikaner, klar, für Gott und Vaterland und überhaupt: konservativ bis ins letzte Detail. Natürlich gehört bei denen eine Frau nach Hause in die Küche und bestenfalls in die Kirche, wenn sie schon mal austreten darf. Böse Republikaner, gute Demokraten.

Das meine ich mit Konstrukten. Das ist alles ein Funken Wahrheit, der mit journalistischem Brennstoff zur Explosion gebracht wird. Da ist ein Teil wahr und nimmt den Leser erstmal mit in den Zug. Dann wird vor dem Fenster eine Fototapete vorbeigezogen, und zwar so schnell, daß man nicht erkennt, daß das gar nicht die Realität ist. Am Waggon wird geruckelt und man glaubt, der Zug holpert durch die Gegend. Und wenn man aussteigt, hat man das Brainwashing solange mitgemacht, daß man glaubt, tatsächlich an einem anderen Ort angekommen zu sein. Und wenn dann einer sagt: „hey, wir sind ja gar nicht in XY“, sagen die anderen: „wieso, hast Du denn nicht gesehen, daß die Landschaft vorbeigesaust ist und der Zug geruckelt hat?“.

Macht Euch immun gegen dieses Brainwashing. Sarah Palin mag eine Republikanerin sein. Sie mag gläubig sein. Aber sie tritt nicht „für Gott“ von der Kandidatur zurück. Das ist mehr als nur eine boulevard-stilistische Umschreibung. Hier soll suggeriert werden, daß Palin aus irrationalen Gründen zurücktritt und natürlich deshalb, weil sie eine Republikanerin ist. Das ist Wahlkampf pur und einseitig, wie es sich für ein öffentlich-rechtliches Medium verbietet.

Ob ich die Republikaner mag? Nein, und in diese Diskussion darf man sich nicht hineinzwängen lassen. Weil die Schwarz-Weiß-Malerei, die Messianisierung Barack Obamas, der Guantanamo immer noch nicht geschlossen hat, obwohl er es mal versprochen hatte, die Kehrseite der Medaille ist. Sie schreibt den Persilschein für „die Guten“, Böses zu tun. Die Republikaner sind nicht nur böse und die Demokraten auch nicht nur gut. Auch Obama hat seinen Amtseid auf Gott geschworen, ebenso wie Clinton und alle anderen Demokraten vor ihm. Es gibt verdammt viele Gläubige Christen bei den Demokraten. Die Öffentlichkeit wird hier an der Nase herumgeführt und abgelenkt: man beschäftigt sich mit Wahlkämpfen und Präsidenten, während die Kriege immer weiter gehen.

Diese Meldung ist eines ÖR-Mediums nicht würdig.

Kaczynski mag die Deutschen nicht, Kazmierczak hält das für reine Strategie

Weiter folgt eine enorm wichtige Meldung über das neue Buch des polnischen Oppositionschefs Kaczynski. Die Erklärung, waraum dies ausgerechnet jetzt geschieht, folgt sogleich: am Sonntag ist Wahl in Polen und mit etwas Deutschen-Bashing kommt man schon eher ins Gespräch. Ob das so ist, ist fraglich. Überhaupt nicht fraglich ist, daß, falls diese Strategie aufgehen sollte, die Erwähnung des Buchs und seines Inhaltes in Ludger Kazmierczaks Artikel auf tagesschau.de ihren Beitrag zum Erfolg beigetragen hat. Also wieder eine Meldung, die sich wichtig macht, indem sie Unwichtiges aufbauscht. „Seht mal, da ist nichts!“…

Deutscher Wissenschaftler darf nicht nach Russland

Klingt zwar nach umgefallenen Reissack, ist aber tatsächlich mal eine sinnvolle Meldung. Es zeigt, in welchem Zustand sich der russische Rechtsstaat befindet: der gute Mann hatte immerhin ein gültiges Visum, womit die Frage der Gültigkeit russischer Dokumente geklärt ist. Weitere Informationen zu Schröders politischen Forschungsergebnissen findet man zwar nicht, dafür ist ein Link zu Schröders HP vorhanden.
Aber auch hier weise ich auf das gestrige Review hin: Rußland mag in vielerlei Hinsicht kritikwürdig sein, von einer Dämonisierung muß aber abgesehen werden, denn Konstrukte wie ein verteufeltes Rußland sind genausowenig zutreffend wie politisch hilfreich.

Bahn informiert über Wintervorbereitungen.

Als BahnCard-Besitzer nehme ich diese Meldung dankend entgegen. Die Bahn ist für mich ein Beispiel dafür, daß die Wirtschaft eben doch kontrollierbar ist. Dazu bedarf es keines Staates. Die Bürger selbst können kraft ihrer Masse einiges tun. So gibt es seit langem schon Pro Bahn, eine Interessenvertretung der Verbraucher, die genau das macht, was Konzerne brauchen: die Interessen der Kunden vertreten, Druck ausüben. Konzerne verändern sich nicht aus Spaß an der Freud zu verbraucherfreundlichen gemeinnützigen Vereinen. Sie tun es, wenn sie es müssen. Und das tun sie nur, wenn ihnen die Kunden abspringen.
Also: diese Meldung ist schon OK. Allerdings ist die Chronologie wiederum etwas ver-rückt (sic!). Eigentlich geht es ja um die Interesen der Fahrgäste. Hier gings aber andersrum: Bahn -> Tagesschau -> Bürger. Hätten letztere keinen Druck auf die Bahn ausgeübt, läge der Bericht wohl nicht vor. Ein wenig mehr Wahrnehmung der Verbraucherinteressen täte der Tagesschau gut, aber dazu sind die nicht nahe genug am Bürger.

Insgesamt wieder einiges belanglose in dieser Tagesschau, aber Deppendorfs Woche sowie die beiden Artikel zu Rußland und der Bahn verhelfen dieser Tagesschau doch zu einer Wertung von 63,57 %, wobei deutlich mehr dringewesen wäre, wenn man sich den Palin-Artikel gespart hätte.

Rußland ist nicht die Sowjetunion!

Natürlich meint er es nicht abosolut wörtlich, wenn Stephan Laack von der ARD seinen Kommentar zu Putins Präsidentschafts-Kandidatur mit „Das ist Sowjetunion pur!“ betitelt. Putin hat Partei und Land mit eiserner Hand regiert und der „Machtwechsel“ hatte seinen Namen nicht wirklich verdient. Es ist also durchaus kritikwürdig, wenn Putin von Medwedjew abgelöst wird, nachdem dieser ihn abgelöst hatte. Man gibt sich die Klinke in die Hand.

Mich stört der Vergleich mit der Sowjetunion. Zwar fragen sich viele im Westen und in Rußland, wo genau der Unterschied zwischen dem Präsidialsystem und der gedachten (gefühlten, gewünschten…) Räterepublik Stalins und Breschnews liegt, denn die Macht Putins scheint ungebrochen und er selbst schafft es trotz seines offen antidemokratischen Regierungsstils, an der Macht zu bleiben – da fragt man sich doch, wie? Welche Rädchen im System dreht dieser Mann, um skandalöse Vorfälle wie die Ermordung der systemkritischen Journalistin Anna Politkowskaja unbeschadet zu überstehen? Natürlich fühlt man sich zurecht an den Ostblock erinnert.

Aber für uns im Westen ist es dennoch wichtig, den Unterschied zu kennen, denn wir legen uns da eine Entschuldigung für die abfällige Sicht auf Rußland zurecht. So, als hätten sich die Russen nicht weiterentwickelt. Wir können also die alte Schublade weiterbenutzen und was das allerschlimmste ist: wir können uns für etwas Besseres halten, obwohl wir selbst auf unsere Weise die gleichen Tendenzen ausleben.

Eine kleine Erklärung:

Das Präsidialsystem Rußlands ist dem der USA weit ähnlicher als der sog. Räterepublik. Denn der Präsident wird tatsächlich direkt vom Volk gewählt und ist dies einmal geschehen, findet praktisch keine Kontrolle mehr statt:

(Quelle: Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung Online

Zum Vergleich das System der USA. Wesentlicher Unterschied sind die Wahlmänner, die das direkte Votum des Volkes in die Präsidentenwahl umformen. Was die mangelnde Kontrolle angeht, sind jedoch sehr große Ähnlichkeiten vorhanden.

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung Online

Wem der Vergleich zwischen Putin und Obama nicht einleuchten will, der erinnere sich an das nicht gehaltene Guantanamo-Versprechen. Und wer auch das verzeihen kann, erinnere sich an unser aller George W. Bush. Spätestens da wird klar, was eine Präsidialdemokratie für Folgen haben kann.

[Update September 2014: inzwischen brauche ich an dieser Stelle nicht mehr an Guantanamo verweisen. Obama zog US-Soldaten aus dem Irak zurück, nur um inzwischen wieder im Irak „Krieg gegen den Terror“ zu führen. Einziger Unterschied zum Irak-Krieg: Syrien wird auch bombardiert. Update Ende]

Nun leben wir aber nicht in einer Präsidialdemokratie. Bundespräsidenten haben so gut wie keine Macht. Sie unterschreiben lediglich die Gesetze und erst Robert Köhler hat das eine oder andere mal seine „Macht“ in dieser Form ausgeübt – er hat sich einfach geweigert bestimmte Gesetze zu unterschreiben.

D.h.: man muß zwischen politischen Systemen und der Art, wie Macht ausgeübt wird, unterscheiden. Politiktheoretisch betrachtet sind Putin wie Bush demokratisch absolut vom Volk legitimiert, weit mehr als bei uns. Aber was heißt das schon? Das Volk ist manipulierbar, ein Präsident ist manipulierbar. Obama ist von der Wirtschaft genauso abhängig wie Putin vom russischen Militär. Und wir wünschen uns mehr direkte Demokratie. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das will.
Die eine Möglichkeit wäre die Direktwahl eines mit Vollmachten ausgestatteten Präsidenten. Natürlich kann ein Präsident mit Vollmachten stark regieren, aber wer kontrolliert ihn noch?
Die andere Möglichkeit wäre die direkter Voten in politischen Fragen. Tja, wir wissen, was passiert, wenn das Volk direkt mitregiert. Das konnte man am Minarett-Verbot in der Schweiz sehen.

Stattdessen ist eine Gewaltenteilung die einzige Möglichkeit, Machtmissbrauch vorzubeugen. Da bin ich doch ganz zufrieden mit der Bundesrepublik.

Aber man kann sich ja auch einreden, das wäre bei uns nicht möglich, weil Putin ein Schwein und Rußland eigentlich immer noch irgendwie die Sowjetunion ist.

Nur fürchte ich, daß wir dadurch allein nicht vor Machtmißbrauch gefeit sind.

Navy Seals – Team America

Die Tagesschau hat die Satire nicht verlernt:

BOOOAAAAHHH!!! Die NAVY SEALS sind ja sooo hart und ein solches Einsatzteam hat BIN LADEN GETÖTET!!! WHOAAAAAH (heißt auf englisch: BOAAAAAH!). So hart – Männer, die durchs Feuer gehen, Männer, die nach innen weinen – und vermutlich auch bluten, falls sie es überhaupt irgendwann tun… FALLS SIE ÜBERHAUPT BLUT HABEN!!!

Das erinnert mich an folgenden Film, den ich jedem nur wärmstens ans Herz legen kann: Team America

Das ist nur der Anfang – dieser Film ist eindeutig für Erwachsene, auch, wenn es ein Marionetten-Film ist – aber Amerika und Marionetten, das hat schon so gewisse Parallelen…

Ganz toll auch folgender Kommentar von obigem Screenshot (Auszug):

Die USA befinden sich nach eigener Definition mit Al Kaida im Krieg, und Al Kaida mit den USA. Und in einem Krieg herrscht Kriegsrecht, daraus könnten die Amerikaner ein Tötungsrecht für Bin Laden ableiten, auch wenn internationale Rechtsexperten diese Interpretation kontrovers beurteilen.

Meine Antwort:

Ethik bedarf der Logik.
Fr, 06.05.2011 – 21:49 — FeydBraybrook

Herr Kastan schreibt:

„Die USA befinden sich nach eigener Definition mit Al Kaida im Krieg, und Al Kaida mit den USA. Und in einem Krieg herrscht Kriegsrecht, daraus könnten die Amerikaner ein Tötungsrecht für Bin Laden ableiten, auch wenn internationale Rechtsexperten diese Interpretation kontrovers beurteilen.“

Wie kann man doch irren. Der Logik dieser Passage folgend könnte die sich ebenfalls in diesem Krieg befindende Al Kaida ein Tötungsrecht für ihre Ziele ableiten.

Den Passus wollen wir dann doch mal ganz schnell wieder vergessen.

Foto von bin Ladens Seebestattung…[UPDATE]

Die Verschwörungstheoretiker wurden bereits bedient, die braven Bundesbürger ebenfalls. Jetzt sollen auch die Technik-Freaks auf ihre Kosten kommen, denn die Tagesschau will sie alle haben:

Dazu kann ich nur sagen: fürs unbemerkt bleiben werden die Dinger ja gerade gebaut…

Und dann das:

Es ehrt die USA ja, daß sie ausgerechnet bin Ladens Bestattung militärisch verteidigt haben, aber wäre gleich ein Flugzeugträger nötig gewesen? Und wo sind die Gegner auf dem Bild?

UPDATE: heute morgen erreicht mich einer jener unsäglichen Spam-Kommentare irgendeiner angeblichen Online-Apotheke mit dem Namen PharmaXY usw. Angesichts des äußerst passenden Inhalts möchte ihn doch hier veröffentlichen, zumindest in den Text integriert – sonst holt sich hier noch jemand einen Wurm:

„Hello! fakedee interesting fakedee site!“

Paßt.

UPDATE:
offensichtlich versteht nicht jeder, wieso ich das hier mache. Gut, ich will es erklären:

natürlich ist das pure Ironie! Und es wäre zum Schmunzeln, wenn es nicht ein tatsächlicher Screenshot der Online-Ausgabe der Tagesschau gewesen wäre. Es handelt sich hier also nicht um einen Fake, sondern um einen echten Screenshot der gestrigen (05.05.2011) Ausgabe. Ich habe mich bei diesem bescheuerten Foto gefragt, was es bei der Meldung verloren hat…muß man alles illustrieren? Und das auch noch bei einem Vorkommnis, bei dem die halbe Welt giereig darauf warten, daß endlich das Foto gebracht wird… manche Meldungen sollte man eben besser nicht illustrieren – das wollte ich damit sagen…;-)

Das und die idiotische „Wir-sind-technisierte-Helden“-Meldung mit dem Tarnkappen-Hubschrauber spricht doch für eine Art Medien-Hype ohnegleichen, oder nicht? Nur hat es die Online-Ausgabe der Tagesschau etwas zu gut gemeint – da muß man sich noch nicht mal die hämischen Kommentare durchlesen, um zu merken, daß schreiben ohne Hirn durchaus möglich ist…

Wer fragt, spinnt und der Krieg kann weitergehen.

Da fehlen einem die Worte.

Die USA lassen da mal eben bin Ladens Leiche verschwinden, und die Online-Ausgabe der Tagesschau hat nichts besseres zu tun, als kritische Fragen dazu als Verschwörungstheorien zu etikettieren…
Tja, wenn die Tagesschau als ehemals „Vierte Kraft“ der Gewaltenteilung nicht dazu in der Lage ist, ist es eben das Netz.

Ach so, und natürlich ist gleich der nächste Staatsfeind Nr. 1 ausgemacht. Der Krieg kann weitergehen..

Mein Kommentar zu diesem Artikel bei der Tagesschau:

„Meine Damen und Herren,

vielleicht ist Ihnen noch nicht aufgefallen, daß die Leiche des „meistgesuchten Mannes der Welt“ einfach mal ganz schnell im Meer versenkt worden ist.

Ganz offiziell. Kein Mensch redet da von Verschwörung. Das tun Sie, sonst niemand – um kritische Bürger als leicht debil zu etikettieren?

Die Sache ist ganz einfach: selbst die Logik jener Justiz, die die Todesstrafe als Mittel des Rechtsstaates vorsieht, sieht die heimliche Entsorgung einer von ihr selbst als öffentlich deklarierten Leiche nicht vor. Das sollte selbst den USA nicht passieren dürfen.

Von daher ist die Frage nach dem Verbleib dieser wichtigen Leiche – und niemand anders als die Exekutoren selbst haben sie für derart wichtig erklärt! – mitnichten das Handeln von Verschwörungstheoretikern. Es ist die Frage von Bürgern mit rechtsstaatlichem Empfinden.“

USA in Erklärungsnot – Herr Saaldiener, bringen Sie die Leiche zum Verhör herein!

tagesschau.de titelt heute morgen: „Pakistan in Erklärungsnot

Ich frage: wo bleibt die Leiche?

Rechtsstaaten definieren sich dadurch, daß all ihr Handeln rechtlich legitimiert sein muß. Jeder Schritt muß vor der Öffentlichkeit nach den Regeln ordentlicher Gerichtsbarkeit gerechtfertigt werden. Ausnahmslos.
Man stelle sich nun einmal folgende Szene vor einem Richter vor:

Richter: „Wir sind hier zusammengekommen, um Osama bin Laden für tausendfaches Leid und Terrorismus anzuklagen. Saaldiener, führen Sie den Angeklagten vor!“
Saaldiener: „Euer Ehren, das geht nicht.“
Richter: „Warum nicht? Ist er krank?“
Saaldiener: „Nein, tot.“
Richter: „Sprechen Sie in ganzen Sätzen, bitte. Wer ist tot?“
Saaldiener: „Der Angeklagte.“
Richter: „WIE BITTE? Was ist passiert?“
Saaldiener: „Wir haben ihn exekutiert.“
Richter: „Wer Wir?“
Saaldiener: „Wir, die Justiz.“
Richter: „Die Justiz bin ich!“
Saaldiener: „Ja, aber das Urteil stand schon fest.“
Richter: „Wozu braucht man mich dann noch?“
Saaldiener: „Zur Legitimation.“
Richter: „Das ist lächerlich. Ich soll im Nachhinein die Exekution legitimieren?“
Saaldiener: „Ja.“
Richter: „Nein.“
Saaldienr: „Doch. Sie müssen. Es geht hier um unseren freiheitlichen Rechtsstaat.“
Richter: „Ach, was Sie nicht sagen… na gut. Was sollen wir also tun?“
Saaldiener: „Wir müssen ein ordentliches Verfahren…“
Richter: „…stöhn…“
Saaldiener, lauter: „…ein ordentliches Verfahren durchführen von A bis Z.“
Richter: „Naja, von A bis X ist ja schon alles gelaufen. Aber egal. Dann lassen Sie uns die Leiche obduzieren. Führen Sie die Henker herein.“
Saaldiener: „Die Henker sind nicht bekannt, die Leiche ist weg.“
Richter: „WIE BITTE?“
Saaldiner: „Der Leichnam wurde gemäß muslimischer Traditionen bestattet.“
Richter: „Das interessiert mich sowas von überhaupt nicht, WIE er bestattet wirden ist. Ich will wissen: von wem wurde er bestattet und wann können wir die Leiche exhumieren, um sie zu obduzieren? Ich will wissen, ob wenigstens die Exekution ordnungsgemäß verlaufen ist.“
Saaldiener: „wir sollten eher von ex-aquarieren sprechen. Die Leiche wurde der See übergeben. Deshalb ex-aquarieren – aqua ist Latein und heißt Wasser und humus aus dem Wort exhumieren heißt..:“
Richter: „ICH HATTE SELBST LATEIN UND WEISS GANZ GENAU, WAS DAS HEISST!!! SIE HABEN DEN LEICHNAM AUF SEE BESTATTET?“
Saaldiener: „Wir haben bereits obduziert und unsere Rechtsexperten haben dafür Sorge getragen, daß alles mit rechten Dingen zugeht.“
Richter: „Wozu brauchen Sie mich dann noch?“
Saaldiener: „Sie stehen für die Weltöffentlichkeit. Auch sie soll anerkennen, daß alles mit rechten Dingen zugegangen ist.“

Der Richter packt seine Aktentasche, steht auf, geht zur Tür, öffnet sie. Zwischen Tür und Angel ruft er hinein: „Macht Euren Scheiß alleine. Ich bin doch keine Marionette.“

Liebe Tagesschau,

einen Verbrecher zu verstecken mag verwerflich sein. Aber die Art und Weise, wie auch oder besser: gerade mit Verbrechern umgegangen wird, macht den Unterschied zwischen einem Rechtsstaat und einem Unrechtsstaat aus. Pakistan mag in Erklärungsnot sein, weil bin Laden dort Zuschlupf gefunden hat. Die USA jedoch sind in Erklärungsnot, weil die Exekution bin Ladens unter Ausschluß der Weltöffentlichkeit und somit unabhängiger Gerichtsbarkeit durchgeführt worden ist. Dies zu kontrollieren und ggf. anzusprechen ist die oberste Pflicht der Medien in einem Rechtsstaat, denn dieser lebt davon, daß seine Organe einander kontrollieren.

und überhaupt… alltägliche Standpunkte zu bin Ladens Tod. UPDATE!!!

Zunächst einmal der offizielle Jargon der Online-Ausgabe der Tagesschau:

Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot
Luxusvilla verriet Bin Laden
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas
Anschläge, die die Welt veränderten
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei

Dann kommt der Verschwörungstheoretiker und sagt folgendes:

Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot – und überhaupt… ist das jetzt wahr, oder soll die Öffentlichkeit glauben, daß die USA einen Erfolg im Kampf gegen den Terror erzielt haben? Und hätte man bin Laden nicht lebend schnappen können oder hatte man Angst davor, daß er als ehemaliger Günstling der CIA plaudert?
Luxusvilla verriet Bin Laden – und überhaupt… wenn der sich verstecken will, wieso baut dann in einem Haus, das viel größer und auffälliger ist, als die anderen in der Umgebung? Und warum verhält der sich so komisch und verbrennt seinen Müll, damit auch jeder sieht, daß das irgendwas anders läuft?
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas – und überhaupt… warum ruft Osama gleich mal George W. Bush an? Wenn gerade die Unterschiedlichkeit in den Auffassungen bzgl. der Bekämpfung des Terrors durch kriegerische Mittel ausschlaggebend für den Regierungswechsel gewesen sein soll, wozu dann doch Gewalt? Wozu dann der Anruf bei Bush? Stecken doch alle unter einer Decke!
Anschläge, die die Welt veränderten – und überhaupt… jetzt schon wieder die Emotionalisierung zu 9/11, dem Paradebeispiel einer Verschwörung zum Zwecke der Anzettelung eines Krieges…
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen – und überhaupt: da sieht man es ja ganz deutlich, der Krieg gegen den Terror dient der Börse, sonst nichts.
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata – und überhaupt… die Aktion, bei der ein Sohn Gaddafis und 3 seiner Enkel getötet worden sind, soll ja hiermit gerechtfertigt werden. Nach dem Motto: zur Erringung dieses schweren Ziels muß man eben auch über Kinderleichen gehen.
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei – und überhaupt… da wird die Öffentlichkeit schon auf die nächste Intervention vorbereitet.

Dann kommt der Moslem und sagt:

Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot – ich suche vielmehr nach den Männern, die dafür verantwortlich sind, daß unsere Vorfahren bereits kolonialisiert und somit ausgebeutet wurden. Man sagt, diese Verbrecher sind toter als bin Laden, schon lange, und deshalb könne ich suchen, solange ich wolle. Unrecht sei die jahrhundertelange Unterdrückung und Versklavung schon gewesen, aber die heute lebenden Nachfahren seien 1. nicht dafür verantwortlich und 2. hätten sie genügend für den Ausgleich getan. Weiter hätten 3. gerade Länder wie Indien ohne die englische Kolonialisierung vermutlich nie den Segen der Demokratie zu spüren bekommen. Ich suche trotzdem immer noch nach den Männern, die Indhira Ghandi auf dem Gewissen haben. Oder nach den Männern, die auf Seiten der UdSSR Afghanistan jahrelang zerstört haben. Die Welt mag bin Laden gesucht haben – ich nicht.
Luxusvilla verriet Bin Laden – ich habe Bin Laden nie unterstützt, habe den Terror immer abgelehnt. Ich habe höchst demokratische Überzeugungen, aber ich weiß auch, daß man selbst als Universalist nicht wie ein Elefant im Porzellan-Laden daherstampfen kann und unsere gesamte Geschichte, unsere gesamte Kultur, ja, unsere Religion, also das, woran wir im Innersten glauben, nach westlichen Maßstäben be- und verurteilen sollte. Irgendeinen Grund muß es doch haben, daß verzweifelte Menschen in arabischen Ländern Terroristen wie bin Laden auf den Leim gehen und ihm dabei helfen, sich jahrelang in einer Villa zu verstecken. Vielleicht sollte man die Verzweiflung dieser Menschen bekämpfen und nicht bin Laden? Denn wenn er tot ist und die Verzweilfung weiterlebt, wird es einen neuen bin Laden geben.
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas – wir erhalten lange schon Nachrichten aus den USA, und es wäre schön, wenn wir auch mal Nachrichten in die USA schicken könnten, bzw. daß unsere Nachrichten dort auch wahrgenommen werden. Dies scheint nicht der Fall zu sein, und manche Menschen sehen sich deshalb gezwungen, ihre Nachricht als Selbstmord-Attentat zu verpacken. Nein, darauf muß man nicht verständnisvoll reagieren und der Westen darf sich nicht erpressen lassen. Aber es gibt Millionen friedlicher Moslems, die dasselbe, nur gewaltfrei sagen: wer gibt Euch das Recht, uns zu beurteilen? Wer gibt Euch das Recht, ganze Völker mit Krieg zu überziehen, weil Einzeltäter verheerenden Terror ausüben?
Anschläge, die die Welt veränderten – wir haben damals mitgelitten, genauso wie Ihr!
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen – na, dann freut Euch und laßt Euch sagen, daß Geld allein nicht glücklich macht. Ein Bösewicht ist tot und doch ist das kein Grund zum Jubel. Selbst, wenn man diese gewalttätige Lösung für richtig hält, gibt es doch gerade für Universalisten einen Rest an Menschenwürde, die auch bin Laden verdient hat. Da darf man sogar als verfassungskonformer US-Amerikaner für die Todesstrafe plädieren, aber nirgends in dieser Verfassung ist Jubel legitimiert, auch bei einem Mörder nicht.
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata – diese Menschen wollen Demokratie, aber sie sind nicht die Genese einer neuen Demokratie aus dem Reagenzglas des westlichen Politiklabors. Sie schaffen selbst, was morgen stehen wird und sie riskieren ihr eigenes Leben dafür. Es scheint im Westen Menschen zu geben, die sich für Revolutionäre halten, weil sie hier im Trockenen sitzen und in Medien wie dem Internet Nachrichtenmeldungen nachplappern und kommentieren. Das können sie gerne tun, aber die Revolutionen in der arabischen Welt brauchen diese West-Medien nicht. Die West-Medien sind die einzigen, die die West-Medien brauchen.
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei – ein Vorgeschmack auf das, was folgen könnte, wenn die Region weiter destabilisiert wird. Diese Region braucht Demokratie, aber auch Frieden. Wenn es diesen nicht gibt, brennt mehr als nur Gaddafis Hauptquartier. Feuer haben die unangenehme Eigenschaft, überzugreifen, und sie machen vor Grenzen nicht halt, und schon gar nicht vor westlichen. Allein der Flüchtlingsstrom wird die EU in ärgste Bedrängnis bringen. Als Universalist kann man einen Menschen von der Türe nicht abweisen, wenn man Asyl als Recht begründet. Was wird Italien als idealer Anlegeplatz für Nordafrika tun, wenn der Sturm losbricht?

was sagt der Linke?

Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot – ich bin gegen Terror, aber schuld sind nur die USA. Ich wasche meine Hände in Unschuld.
Luxusvilla verriet Bin Laden – ich bin zwar gegen die Interventionen der USA in souveräne Staaten, aber natürlich unterstütze ich – allein schon aus Gründen des Feminismus! – genausowenig die streng patriarchalische und hierarchische Herrschaftsstruktur der Mullahs und Mudschaheddin. Also eigentlich beschränkt sich mein Handelnd aufs Nicht-Gut-Finden von sowohl der Paschas als auch der USA (die ja eigentlich auch von so ner Art Paschas regiert werden). Daß die Sowjetunion damals den Krieg als erste nach Afghanistan gebracht hat, ist als spätstalinistische Folge zu bewerten und sagt nichts über die Überlegenheit des Kommunismus aus.
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas – ja, hier wird deutlich: dies ist ein Krieg der USA. Nebenbemerkung: „Amerika“, das ist auch Ecuador, das ist auch Bolivien, das ist auch Kuba.
Anschläge, die die Welt veränderten – ich vertrete die Meinung der Verschwörungstheoretiker, nur, daß ich es nicht als Verschwörung, sondern als Expansionspolitik bezeichne.
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen – ich bin für Planwirtschaft. Da wird so etwas einfach verboten!
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata – Solidarität mit unseren Brüdern in Arabien!
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei – Solidarität mit der Türkei, die unsere Brüder aus Arabien aufnimmt und die Rechnung zahlt!

Das sagt der Konservative:

Der meistgesuchte Mann der Welt ist tot – recht so. Wer nicht anständig Deutsch spricht, kann nur Terrorist werden!
Luxusvilla verriet Bin Laden – möcht mal wissen, wie er die bezahlt hat. Da bin ich ganz Sozialist: Tod dem Kapital.
Eine „unmissverständliche Nachricht“ Amerikas – wer sich mit uns anlegt, ist dran. Spätestens 9 Jahre danach. Jetzt wird alles gut. Wir sind grundsätzlich für friedliche Lösungen, aber wenn es nicht anders geht, muß Gewalt die Lösung sein.
Anschläge, die die Welt veränderten – da sind sie wieder, die Bilder. Diese schrecklichen, schrecklichen Bilder. Da werde ich ganz emotional. Da kommen mir die Tränen. Die armen Menschen. Und diese miesen Terroristen-Schweine. Ja, Schweine sind das, keine Menschen. Die gehören alle getötet. Und bin Laden hats jetzt endlich erwischt. Das tut gut. Das tut so gut. Sooo gut. Jetzt haben die Angehörigen der Opfer endlich Frieden. Jetzt können sie beruhigter schlafen gehen, den die Missetaten dieser perversen Schweine sind gesühnt. Gesühnt. Schweine. Missetaten. Gesühnt.
Tod Bin Ladens lässt Kurse steigen – schön, wenn das auch noch einen positiven Nebeneffekt hat!
Unruhen in Tripolis – Kämpfe in Misrata – man muß sich schon mal vorbereiten auf weitere Aktionen. Es ist unsere Pflicht als Christen und Demokraten, hier einzugreifen.
Hunderte Syrer fliehen in die Türkei – gaaanz wichtig: Grenzen dicht machen! Nur keinen reinlassen von denen. Nicht, daß wir gegen die Demokratisierung der arabischen Welt sind, aber das müssen die schon alleine schaffen. Unsere Hilfe beschränkt sich auf Interventionen. Was sollen wir auch sonst tun? Geld geben? Wir haben selbst immer weniger!

Jaaa, was sage eigentlich ich dazu?

Ich sage erstmal garnichts. Irgendwie erinnert mich das an den Tag, an dem ich aufgewacht bin und erfahren habe, daß Michael Jackson tot ist. Stand auch ganz oben, bei tagesschau.de.

UPDATE:

Heute morgen noch hieß es, die Streitkräfte seien in Besitz der Leiche. Davon zeugen diese Kommentare bei tagesschau.de. Und jetzt ist die Leiche mal eben schnell ins Meer geschmissen worden? Das ist ja wohl eine Ente, oder? Ich bin ja echt kein Verschwörungstheoretiker, aber welchen Sinn hatte denn diese Aktion???

Auf die Aktie Mitleid für afghanische Frauen setzen

Ein bißchen was zur Frage, was die Diskussion um Kopftuch und Burka so alles für Hintergründe haben könnte auf

tagesschau.de

Natürlich gibt es Philosophen (Michael Walzer), die von „gerechten Kriegen“ unter ganz bestimmten Kriterien sprechen. Allerdings ist es sicher nicht in ihrem Sinne, wenn die öffentliche Meinung manipuliert wird.

Die Frage, ob die Unterdrückung (nicht nur) der Frauen durch die Taliban in Afghanistan ein Grund ist, dort zu intervenieren, ist sicher erlaubt. Allerdings verlieren Befürworter der Intervention ihre Glaubwürdigkeit, wenn – wie hier – rauskommt, daß gezielt die öffentliche Meinung beeinflußt werden soll. Wir sitzen hier im Trockenen und bilden uns ein, mit dem Krieg in Afghanistan etwas für den Feminismus zu tun, während hierzulande Frauen nach wie vor weniger Geld mit derselben Arbeit verdienen. Nicht, daß mit die Taliban geheuer wären. Aber wieso muß ein „ja“ zu diesem Krieg mit Dämonisierung eingeholt werden?

Der alltägliche Journalismus sollte doch eigentlich ausreichen, oder?

Egal, wie man zu „gerechten Kriegen“ steht, ihr Hauptmerkmal ist doch das der Kontrolle. Jede ungerechtfertigte Aktion muß vermieden werden (bis hin zum Krieg selbst). Oder: jede Aktion muß gerechtfertigt sein. Das allerdings heißt aber auch, daß Argumente offen / öffentlich diskutiert werden müssen. Von Offenheit kann in diesem Fall aber nicht die Rede sein. Da wird irgendwie irgendwas heimlich beschlossen und durchgeführt, um die – offesichtlich für die Wahrheit zu dumme – Öffentlichkeit dazu zu bringen, etwas zu tun, was sie andernfalls wohl nicht täte.

Das ist weder gerecht, noch rechtens. Das ist Käse. Kein Cent wird in die Aktie Afghanistan investiert, und erst recht nicht, weil die CIA den Feminismus als hohen Kurs erkannt hat. Wie sagte William von Baskerville in Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“:

„Mißtraue den Erneuerungen der menschlichen Gattung, wenn die Kurie und die Fürstenhöfe davon zu reden beginnen!“

PS: daMax gab mir diesen lesenswerten Link:
Mely Kiyak zum Krieg in Afghanistan

myspace: Obama bekommt Friedensnobelpreis

obamanobel

Barack Obama hat den Friedensnobelpreis verliehen bekommen. Er selbst war „überrascht“ davon.
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Coca Cola in Amerika – ich schwörs!

Zur Einstimmung ein wenig Popmusik:

Ich liebe sie: die Meldungen, die so aussehen, als wären sie unbedeutend, die in Wirklichkeit aber jedermann berühren. Heutiges Beispiel: Präsident-von-USAs Äußerungen zur Einführung einer Sodasteuer.

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