Herr Braybrook, auf Ihrer Seite finden sich vermehrt Interviews, bei denen Sie Stellung zu gesellschaftlichen Themen nehmen. Man liest sich das durch und die erste Frage, die einem durch den Kopf schießt ist: wer interviewt Sie eigentlich?
Sie. Und Sie sind ich.
Wollen Sie damit sagen, daß Sie sich selbst interviewen?
Exakt.
Das ist lächerlich!
Nein, wieso?
Ein Interview findet zwischen zwei Menschen statt. Es lebt davon, daß man sich Fragen, auch unangenehmen Fragen stellen muß.
Na, ich habe Sie auch immer als unangenehm empfunden.
Das glaube ich nicht. Sie legen sich doch alles zurecht. Ich kann gar nicht wirklich unangenehm werden, weil ich Du bin, Du Flitzpiepe.
Ist nicht wahr. Sie stehen für all die Gegenpositionen zu meinen Positionen. Letztere will ich ja loswerden, also gibt es Interviews.
Warum so umständlich? Warum bloggen Sie nicht einfach Ihre Meinung wie alle anderen Blogger?
Weil das langweilig ist. Ist es nicht so, daß man beim Lesen von Blogs nicht wirklich in den Text eintaucht, nicht wirklich Interesse an den Gedanken des Autors hat? Ich glaube, das hat den Grund, daß man schon vorbelastet in das Bloggen geht. Man möchte seine Meinung über dies oder jenes bloggen und legt los. Und genau das weiß jeder, der Blogs liest. Also geht man innerlich schon mit der Haltung ran: „aha, Überschrift legt Thema fest und die ersten Zeilen legen die Position des Autors fest“ – und dann hat man schon ein Urteil gefällt, weil der ganze Text inetwa so weiter geht wie die ersten 3 Zeilen. Das ist doch langweilig ohne Ende.
Interviews hingegen laufen anders ab und die Fragen brechen so einen Text auch auf, zerkleinern ihn in verdaulichere Happen, selbst, wenn man so viel redet wie ich.
Ich habe nichts gegen Interviews, ich habe etwas dagegen, daß sie mich erfinden und so tun, als sei ich eine andere Person. Ich stelle in Frage, daß sie selbst so sehr in eine andere Person schlüpfen können, um die Dialektik eines Interviews vorzutäuschen.
Klar, es kann sein, daß ich mir einiges zurechtlege. Aber die Fragen – oder besser Gegenfragen, die ich Sie stellen lasse, sind zumeist Argumente tatsächlicher Gegner meiner Meinung. Beispielsweise die Diskussion um das Urheberrecht. Ich habe im Grunde all die Gegenargumente aus Blogs, Foren oder Nachrichtenseiten zusammengetragen und Ihnen in den Mund gelegt. Man könnte es mit einer Art FAQ vergleichen – das findet ja auch in einer gestellten Antwort-Frage-Konstellation statt. Mit dem Effekt, daß es viel leichter ist, die Antwort auf sein Anliegen zu finden. Genau so läuft es hier: manche Leute vertreten den Standpunkt „die GEMA zockt Konsumenten und Autoren gleichermaßen ab“. Ich verpacke das in eine Interview-Frage und so findet man schnell, was Feyd Braybrook dazu zu sagen hat.
OK, wie steht es dann mit der Spontaneität? Ein Interview lebt doch davon, daß spontane Fragen entstehen und gestellt werden.
Ich gehe ja auch nicht so ran, daß ich 20 Fragen vorformuliere und dann die Antworten schreibe. Ich beginne mit einem Gedanken und versuche mich kurz dazu zu äußern. Das Tolle an meinem inneren Dialog ist ja dann…
…mein Gott, was sind sie für ein eingebildeter Fatzke… „das Tolle an meinem inneren Dialog“…pfft…
…das Tolle daran ist, daß mir beim Schreiben der Antwort immer wieder einfällt, was man nun schon wieder entgegnen könnte. Ein Romanautor schreibt ja auch Dialoge und ich habe hier und da gehört, daß es dem einen oder anderen auch glaubhaft gelungen sein soll.
Und Sie halten sich für einen Romanautor?
Nö, ich bin Feyd Braybrook und fake meine eigenen Interviews. Solange die Leute das lesen, ohne zu gähnen, ist es doch OK, oder?
Warum schreiben sie dann keine Romane?
Weil man auch an Romane vorbelastet rangeht. Es gibt Leute, die lesen grundsätzlich keine Romane. Wie soll ich die erreichen?
Ach so, jetzt: sie meinen, etwas Neues erfunden zu haben.
Kann man so sagen, ja. Das ist so ne Art dialektischer Monolog.
Aber mit 2 Rollen.
Richtig.
Sie sind ein eingebildeter Fatzke. Ich mach da nicht mit.
Oh doch. Sie müssen. Und Sie werden.
Ich hoffe, Sie werden mal so bekannt, daß jemand Wirkliches Sie interviewt. Und ich hoffe, der nimmt Sie dann mal so richtig in die Mangel.
Schlimmer als mit Ihnen kann es nicht werden.
Herr Braybrook, ich danke Ihnen für das Interview.
Bedanken Sie sich doch bei sich selbst.
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